Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

344 8 114. Der Reichsfiskus. 
der Realsteuern vom Grundbesitz (Grundsteuer und Gebäudesteuer) 
und zu indirekten Steuern, die auf den Erwerb oder die Veräußerung 
von Grundstücken und von Realrechten gelegt werden, sowie zur 
Zahlung der Abgaben von Malz und Bier herangezogen werden (8 3). 
Einer kommunalen Einkommensteuer kann der Reichsfiskus nicht 
unterworfen werden !) und ebensowenig einer Gewerbesteuer. Da den 
Gemeinden aber infolge eines aus Reichsmitteln unterhaltenen fabrik- 
mäßigen oder fabrikähnlichen Betriebes Ausgaben erwachsen, die oft 
einen hohen Betrag erreichen, so sind die Gemeinden berechtigt, vom 
Reich Zuschüsse zur Deckung dieser Ausgaben zu verlangen ($ 6)?). 
Die Vorschriften des $ 6 finden jedoch keine Anwendung auf die 
Werkstätten und ähnliche Einrichtungen der Reichseisenbahnen; da- 
gegen erhält Elsaß-Lothringen einen Zuschuß von 5 Prozent des rech- 
nungsmäßigen Ueberschusses aus den Erträgnissen dieser Bahnen, 
mindestens aber 200 000 Mk. jährlich. Der Betrag wird an die Landes- 
kasse von Elsaß-Lothringen gezahlt und ist an die Gemeinden zu ver- 
teilen, in deren Gemarkung oder Umgebung sich eine Station oder 
Betriebs- oder Werkstätte der Reichseisenbahnen befindet (8 7)°). Auf 
die Abgabe- und Zuschußverpflichtungen des Reichs finden die in den 
einzelnen Staaten für Gemeindeabgaben geltenden Vorschriften An- 
wendung (8 10); jedoch erlischt der Anspruch auf Gebühren, Beiträge 
und Steuern mit dem Ablauf des Rechnungsjahres, das auf das Rech- 
nungsjahr folgt, in welchem die Forderung entstanden ist ($ 8). 
V. Inwieweit der Reichsfiskus verpflichtet ist, einen Schaden zu 
ersetzen, welchen ein Reichsbeamter bei Ausführung der ihm ob- 
liegenden Verrichtungen einem Dritten zugefügt hat, d.h. ob der Fiskus 
nach 8 31, 89 oder nach 8831 des BGB. haftet, ist davon abhängig, 
ob der Beamte ein »verfassungsmäßig berufener Vertreter« (8 31) des 
Reiches oder vom Reich »zu einer Verrichtung bestellt ist« ($ 831). 
Die Entscheidung dieser Frage ist in vielen Fällen schwierig und 
zweifelhaft. Das Reichsgericht sieht das unterscheidende Merkmal 
darin, ob der Beamte durch die organisatorischen Verwaltungsbestim- 
mungen zu seiner Tätigkeit berufen ist, oder ob er seinen dienstlichen 
Auftrag wiederum auf diese berufenen Personen zurückführt ®). Gerade 
1) Diejenigen Gemeinden, an welche das Reich im Rechnungsjahr 1910 Steuern 
von Einkommen aus Grundbesitz gezahlt hat, sind berechtigt, diese Steuern in glei- 
cher Höhe bis zum 1. April 1921 weiter zu erheben. Gesetz $ 11. 
2) Die Berechnung dieser Zuschüsse, welche im $ 6 bestimmt ist, ist ziemlich 
verwickelt. Der Bundesrat hat zum $ 6 am 23. Mai 1911 (Zentralbl. S. 231) Aus- 
führungsbestimmungen erlassen. 
3) Die Verteilung der überwiesenen Summe an die Gemeinden wird durch die 
Gesetzgebung Elsaß-Lothringens bestimmt. Gesetz 87, Abs.3. Diese Bestimmungen 
sind getroffen im Landeshaushaltsetatsgesetz vom 20. Mai 1911, $ 15 (Gesetzbl. S. 16) 
und abgeändert worden im Landeshaushaltsetatsgesetz vom 5. Mai 1913, s 12 (Ge- 
setzbl. S. 17). 
4) Entscheidungen des Reichsgerichts Bd. 53, S. 279 fg.; Bd. 55, S. 176 fg. und
	        
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