Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

348 $ 115. Das aktive Reichsvermögen. 
hat; vom 1. Januar 1919 ab erhält die luxemburgische Regierung all- 
jährlich bis zum Ablauf des Jahres 1959 den Betrag von 200000 
Mark !). 
II. Der Kriegsschatz?) 1. Aus der von Frankreich entrich- 
teten Kriegsentschädigung wurde der Betrag von 40 Millionen Talern 
(120 Millionen Mark) zur Bildung eines in gemünztem Gelde verwahr- 
lich niederzulegenden Kriegsschatzes verwendet, über welchen nur 
zu Ausgaben für Zwecke der Mobilmachung verfügt werden darf?). 
Die Verwendung des Schatzes setzt daher nicht notwendig voraus, daß 
ein Krieg des Reiches bereits ausgebrochen sei oder bevorstehe, son- 
dern jede Mobilisierung des Heeres oder eines Teiles desselben, gleich- 
viel aus welchen Gründen dieselbe angeordnet wird, ist genügend, um 
die Inanspruchnahme des Kriegsschatzes zu rechtfertigen. Erstreckt 
sich die Mobilmachung auf das bayerische Kontingent, so ist ein ent- 
sprechender Teil des Schatzes dem König von Bayern zur Bestreitung 
der Mobilmachungskosten zur Verfügung zu stellen, weil das Prinzip 
der gleichen Verteilung der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete 
Macht auch auf Bayern Anwendung findet, jedoch so, daß diesem 
Staate die selbständige Verwaltung und Verausgabung zusteht‘). Die 
Verwendung des Schatzes darf nur erfolgen auf Grund einer kaiser- 
lichen Anordnung, so wie ja eine solche auch stets zur Mobilmachung 
des Heeres oder eines Teiles desselben erforderlich ist’). Die kaiser- 
liche Anordnung bedarf der vorgängig oder nachträglich einzuholen- 
den Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages‘) ; zweifellos 
kann dieser Vorschrift auch in der Art genügt werden, daß die Zu- 
stimmung des Bundesrates vorgängig, diejenige des Reichstages nach- 
träglich eingeholt wird. 
2. Die Verwaltung des Reichskriegsschatzes ist dem Reichskanzler 
übertragen. Die Regeln, nach welchen dieselbe zu führen ist, sind 
durch eine unter Zustimmung des Bundesrates zu erlassende kaiser- 
1) Daselbst $S 6. Staatsvertrag Art. 9. 
2) Reichsgesetz vom 11. November 1871 (Reichsgesetzbl. S. 403). Motive 
zum Regierungsentwurf in den Drucksachen des Reichstages von 1871, Il. Sess., Nr. 5; 
Kommissionsbericht ebendaselbst Nr. 30; Verhandlungen, Stenogr. Ber. ], 
S. 24 ff., 117 £., 148 ff. Vgl. Ad. Wagner iin v. Holtzendorffs Jahrbuch III (1874), 
S. 152 ff.; Ernst Meier in v. Holtzendorffs Rechtslexikon Bd. 3, S. 397 ff. 
3) Die Bildung des Reichskriegsschatzes wurde in dem Gesetz vom 11. November 
1871, 8 1 an die Bedingung geknüpft, daß der preuß. Staatsschatz, welcher für den 
Norddeutschen Bund als Kriegsschatz gedient hatte, aufgehoben werde. Diese Be- 
dingung ist durch das preuß. Gesetz vom 18. Dezember 1871 (Gesetzsammlung S. 59) 
erfüllt worden. 
4) Vgl. Stenogr. Berichte a. a. O. S. 30. 
5) Hinsichtlich der Mobilmachung des bayerischen Kontingents siehe oben S. 43. 
6) Gesetz vom 11. November 1871, $ 1, Abs. 2, Mit Recht hebt Meiera. a. 0. 
S. 401 hervor, daß nicht zu ersehen ist, welche rechtliche Folgen eintreten, wenn 
nach tatsächlich erfolgter Verwendung des Reichskriegsschatzes die Genehmigung 
versagt wird.
	        
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