Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 115. Das aktive Reichsvermögen. 353 
daß eine Bestimmung darüber getroffen wurde, welche Rechte dem 
Bunde an den, diesen Verwaltungszweigen dienenden Vermögensob- 
jekten zukommen. Eine völlige Neuausstattung ist für diese Verwal- 
tungen nicht erfolgt; die Bundesbehörden, welche an Stelle der bis- 
herigen Landesbehörden traten, übernahmen zugleich mit ihren Amts- 
geschäften auch den dienstlichen Gebrauch des Verwaltungsinventars. 
Hierzu kamen dann aber sehr bald Neuanschaffungen, Reparatur- und 
Erweiterungsbauten und andere Erwerbungen aus Bundesmitteln. An 
diesem Zustande ist durch die Gründung des Reiches nichts geändert 
worden; die Reichsverfassung enthält ebensowenig wie die Verfassung 
des Norddeutschen Bundes eine Regelung dieser Materie. Tatsächlich 
wurden durch die Reichsgründung die Verhältnisse aber noch kom- 
plizierter, da außer dem Eigentum des Reiches und der Einzelstaaten 
nun auch noch das Eigentum des Norddeutschen Bundes in Betracht 
kam und weil den süddeutschen Staaten Sonderrechte hinsichtlich des 
Militärwesens und der Post- und Telegraphenverwaltung eingeräumt 
wurden, welche auch für die Rechte an den Vermögensstücken dieser 
Verwaltungen von Belang waren. 
Das gesamte Verwaltungsinventar des Reiches zerfiel nun nach 
privatrechtlichen Gesichtspunkten in zwei große Massen, die sich als 
Eigentum des Reichsfiskus und als Eigentum der Landesfisci gegen- 
überstanden. Die erstere wurde gebildet durch alle seit Gründung des 
Reiches (resp. Norddeutschen Bundes) aus Reichsmitteln angeschafften 
Vermögensstücke, die letztere aus den von den Einzelstaaten einge- 
brachten Vermögensobjekten, welche zur Ausstattung der auf das 
Reich übergegangenen Verwaltungen gehörten. Daß die vom Reiche 
selbst angeschafften Gegenstände Eigentum des Reiches sind, ist selbst- 
verständlich und unbestritten; dagegen konnte es fraglich erscheinen, 
ob nicht das Reich mit Uebernahme der Verwaltungstätigkeit auch in 
das Eigentumsrecht an den Ausrüstungsgegenständen dieser Verwal- 
tungen sukzediert sei. Vom Standpunkt des Zivilrechts aus war dies 
aber zu verneinen. Denn für eine Enteignung so großer Vermögens- 
massen der Einzelstaaten zugunsten des Reichsfiskus war weder in 
dem Wortlaut der Reichsverfassung noch in der Natur der Institutionen 
des Reiches ein Grund vorhanden. In Uebereinstimmung hiermit hat 
der Präsident des Bundeskanzleramts wiederholt erklärt, daß seitens 
der Bundesregierungen davon ausgegangen wird, »daßB das unbe- 
wegliche Eigentum, wie es bei dem Uebergange dieser Verwal- 
tungen auf den Bund vorhanden war, im Eigentum derjenigen Staaten 
verblieben ist, welchen dieses Eigentum zur Zeit des Ueberganges auf 
den Bund zustand«!). Diese vom zivilrechtlichen Standpunkte aus 
1) Vgl. Stenogr. Berichte 1867, S. 244 ff.; 1868, S. 309, 314, 341, 512; 1870, S. 282 
u. 1873, S. 22 ff. Hinsichtlich des beweglichen Eigentums war die entgegenge- 
setzte Auffassung schon seit 1868 festgehalten worden. Dies war theoretisch zwar 
sicherlich falsch, praktisch aber nicht abzuweisen, da das bewegliche Verwaltungs-
	        
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