Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

356 & 115. Das aktive Reichsvermögen. 
hat. Tatsächlich wurde dadurch an dem Rechtszustand, wie er bereits 
vor Erlaß des Gesetzes aus theoretischen Gründen herzuleiten war, 
keine wesentliche Aenderung hervorgerufen; es wurde aber das for- 
male Fortbestehen des Landeseigentums an zahlreichen Inventarstücken 
der Reichsverwaltungen vermieden. Zu einer wirklich einheitlichen 
Vermögensmasse wurde freilich auch hierdurch das Reichsverwaltungs- 
inventar nicht gemacht; es zerfällt nach wie vor in zwei Massen, 
nur daß diese sich nicht mehr als Eigentum des Reichsfikus und Eigen- 
tum der Landesfisci, sondern als dominium perpetuum und dominium 
revocabile (temporale) des Reichsfiskus charakterisieren. Für die be- 
weglichen Sachen hat das Gesetz seine Bedeutung vollkommen ver- 
loren; es kommt nur noch für Grundstücke in Betracht. 
Dieses Prinzip ist im einzelnen in folgender Weise durchgeführt 
worden: 
1. Das Gesetz greift viel weiter, als seine Ueberschrift sagt. Es 
betrifft nicht nur das Inventar der Reichsverwaltungen, son- 
dern alle dem dienstlichen Gebrauche einer verfassungsmäßig 
aus Reichsmitteln zu unterhaltenden Verwaltung 
gewidmeten Gegenstände'). Da das Reich für die Zentralbehörden und 
deren dienstliche Bedürfnisse aus eigenen Mitteln Dienstgebäude usw. 
angeschafft hat, die den Einzelstaaten verbliebenen Verwaltungen aber 
der Regel nach auf Kosten derselben geführt werden, so kommen 
überhaupt nur vier Verwaltungen in Betracht: die Marine, die aus- 
wärtigen Angelegenheiten, die Post und Telegraphie und das Heer- 
wesen. 
a Die Marineverwaltung. Dieselbe ist nach Art. 53 der 
Reichsverfassung zweifellos eine Reichsverwaltung. Sie ist an die Stelle 
der ehemaligen preußischen Marineverwaltung getreten, da kein 
anderer Staat außer Preußen bei Errichtung des Norddeutschen Bundes, 
beziehentlich des Deutschen Reiches, eine Kriegsmarine hatte. Durch 
das Gesetz vom 25. Mai 1873, 8 1 ist daher ausgesprochen, daß alle 
Vermögensobjekte, welche dem preußischen Marinefiskus vor Errich- 
tung des Norddeutschen Bundes gehört haben, Fahrzeuge aller Art und 
ihre Ausrüstung, Magazine, Werften, Hafenanlagen, Docks usw., in das 
Eigentum des Reiches übergegangen sind. 
b) Die Verwaltung der auswärtigen Angelegen- 
heiten. Hinsichtlich ds Konsulatwesens ist es ebenfalls zwei- 
fellos, daß die Verwaltung desselben eine unmittelbare, auf Kosten des 
Reiches geführte und ausschließliche Reichsverwaltung ist, und daß 
sonach alle Vermögensobjekte der Einzelstaaten, welche vor Eintritt 
derselben in den Bund zum Dienste der Konsulatverwaltung bestimmt 
waren, Reichseigentum geworden sind. Auf die süddeutschen Staaten 
findet dies jedoch tatsächlich keine Anwendung, da bei dem Eintritt 
1) Gesetz S 1, Abs. 1.
	        
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