Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

358 8 115. Das aktive Reichsvermögen. 
des Post- und Telegraphenwesens behalten haben, sondern dieselbe 
auch füreigene Rechnung führen. 
d) Die Heeresverwaltung. Obgleich es eine Reichsmilitär- 
verwaltung nicht gibt, sondern die einzelnen Staaten nach der Ver- 
fassung berechtigt sind, ihre Kontingente selbst zu verwalten, so wird 
doch diese Verwaltung auf Kosten und für Rechnung des Reiches ge- 
führt; das Gesetz vom 25. Mai 1873 findet daher auf das gesamte In- 
ventar der Militärverwaltungen der einzelnen Bundesstaaten Anwen- 
dung’). Hierin liegt gerade die große praktische Tragweite der in dem 
Gesetz gewählten Wortfassung, da weitaus der größte Teil des Ver- 
waltungsvermögens dem dienstlichen Gebrauch des Militärs gewidmet 
ist). Auch hinsichtlich der Festungen gilt derselbe Grundsatz. Nur 
auf die bayerische Heeresverwaltung und auf das liegende und 
bewegliche Inventar der bayerischen Festungen findet das Gesetz vom 
25. Mai 1873 keine Anwendung?°); denn Bayern führt die Heeresver- 
waltung, wenngleich nach Maßgabe der Ansätze des Reichsetats für 
die übrigen Kontingente, auf eigene Rechnung; die Verwaltung des 
bayerischen Kontingents ist demnach nicht eine »verfassungsmäßig aus 
Reichsmitteln zu unterhaltende Verwaltung«. 
2. Als der Zeitpunkt, in welchem sich der Uebergang des Eigen- 
tums oder der anderen dinglichen Rechte von dem Bundesstaat auf 
das Reich vollzieht, ist nach dem Wortlaut des $1 cit. »der Zeitpunkt 
des Uebergangs der Gegenstände in eine solche (d.h. verfassungsmäßig 
aus Reichsmitteln zu unterhaltende) Verwaltung anzusehen«. Diese, 
von der Reichstagskommission herrührende Fassung ist juristisch nicht 
gerade als gelungen zu bezeichnen; denn wann und wie geht ein Wert- 
objekt »in eine Verwaltung über«? Der wahre Sinn ist der, daß das 
Inventar der einzelnen Verwaltungen in dem Zeitpunkt Reichseigentum 
geworden ist, in welchem das Reich die Kosten der betreffenden 
Verwaltung übernommen hat. Die unklare Formulierung beruht dar- 
auf, daß man die Form der Deklaration vermeiden wollte und doch 
ein Gesetz mit rückwirkender Kraft erlassen mußte. Das Gesetz erklärt 
in Wirklichkeit nichts anderes, als daß diejenigen Verfügungs- und 
Nutzungsrechte, welche das Reich an dem Inventar der auf Reichs- 
kosten übernommenen Verwaltungen erlangt hat, als »Eigentum« zu 
bezeichnen seien *). Dies gilt auch von denjenigen unter die Bestim- 
1) Es ist selbstverständlich, daß die Anordnungen des Gesetzes auch an Stelle 
der Vereinbarungen in der hessischen Militärkonvention Art. 20 und in der badischen 
Militärkonvention Art. 11 getreten sind. Vgl. darüber Annalen S. 430 und oben 
S. 837. 
2) In dieser Wortfassung liegt zugleich implicite die reichsgesetzliche 
Anerkennung,daßdieMilitärverwaltungkeineReichsverwaltung ist. 
3) Auf die württembergische Militärkonvention findet das Gesetz An- 
wendung, was nach seinem Wortlaut und nach den Verhandlungen über den Entwurf 
zweifellos ist. Vgl. Seydela. a. 0. S. 235. 
4) In Wirklichkeit hat das Gesetz dem Reichsfiskus kein neues Recht gewährt.
	        
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