Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

“8 96. Die Einheitlichkeit des Militärrechts u. der Heereseinrichtungen. Js 
Verfassungsbündnisvertrag geschlossen und durch Art. 2, Ziff. 5 des- 
selben als ein integrierender Bestandteil dieses Vertrages erklärt worden \). 
Mit der sächsischen Konvention hat sie gemein, daß sie die verfassungs- 
mäßig den Einzelstaaten gewährten Militärhoheitsrechte nicht ein- 
schränkt und keines derselben auf Preußen überträgt, daß sie aus- 
schließlich das Verhältnis Württembergs zum Reich beziehentlich zum 
Kaiser betrifft, und daß sie Vereinbarungen über die besondere Art 
der Anwendung der verfassungsmäßigen Bestimmungen aufdas württem- 
bergische Armeekorps enthält. Nur ist sie inhaltlich von der sächsischen 
Konvention dadurch verschieden, , daß sie bei weitem eingreifendere und 
erheblichere Modifikationen der verfassungsmäßigen Normen enthält, wie 
jene’). Mit der sächsischen Konvention stimmt auch überein die 
Tendenz, welche bei dem Abschluß der württembergischen verfolgt 
wurde, nämlich daß dieselbe ein singuläres Recht gegenüber dem 
gemeinen Verfassungsrecht bilden und demgemäß deniselben vorgehen 
solle. Während aber rücksichilich Sachsens dieses Ziel nicht erreicht 
wurde, ist rücksichtlich Württembergs seine vollständige und rechtlich 
unanfechtbare Verwirklichung eingetreten. Die Bestimmungen der 
württembergischen Konvention sind durch die Schlußbestimmungen 
zum XI. Abschnitt der Reichsverfassung zum Bestandteil der Reichs- 
verfassung erklärt worden; sie bilden ein verfassungsmäßiges Sonder- 
recht und die Beseitigung desselben ist nur nach den im Art. 78 der 
Reichsverfassung aufgestellten Regeln zulässig’). Während durch die 
sächsische Konvention der Kaiser sich selbst freiwillig in 
dem Gebrauch der ihm zustehenden verfassungsmäßigen Befugnisse 
Schranken auferlegt hat, stehen diese Befugnisse dem Kaiser in 
Württemberg von Rechts wegen nur in demselben Umfange zu, 
den die württembergische Konvention anerkannt hat; ihre Schranken 
wurzeln nicht in dem freien Willen des Kaisers, sondern in der Ver- 
fassungsvorschrift des Reiches. 
Zur Ergänzung der Militärkonvention dient die Vereinbarung 
zwischen den württembergischen und preußischen Kriegsministerien 
vom 2./18. September 1893, betreffend die Ueberführung des Fuß- 
1) Sie ist datiert von Versailles den 21. November 1870 und Berlin 25. Novem- 
ber 1870 und sie ist im Bundesgesetzbl. 1870, S. 658, als Bestandteil des Bündnis- 
vertrages publiziert worden. 
2) Dahin gehört: der Vorbehalt der eigenen Militärstrafgerichtsordnung, die 
selbständige Bestimmung über die Bekleidung, die wesentliche Beschränkung des 
Dislozierungsrechtes des Kaisers, das Recht des Königs von Württemberg, den 
Höchstkommandierenden zu ernennen und bei der Ernennung der übrigen Generale 
nicht an die Zustimmung des Kaisers gebunden zu sein, das Zugeständnis, daß Er- 
sparnisse am württembergischen Militäretat zur Verfügung Württembergs verbleiben, 
daß der Kaiser wegen der Anlage von Befestigungen in Württemberg sich vorher 
mit dem Könige von Württemberg ins Vernehmen zu setzen habe u. a. 
3) Uebereinstimmend Zorn S. 526, und Brockhaus S. 166. Anderer An- 
sicht Hänel, Studien I, S. 115 ff., dessen Ausführungen von Tepelmann S.7fg. 
widerlegt werden.
	        
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