374 8 116. Die Reichsschulden.
a) Die Verwaltung der Reichsanleihe wird »bis auf weiteres« von
der preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden unter der Be-
zeichnung »Reichsschuldenverwaltung«e nach den Vorschriften des
preußischen Gesetzes vom 24. Februar 1850 (Ges.-Samml. S. 57) und
unter der oberen Leitung des Reichskanzlers geführt. Siehe Bd. 1,
S. 405 fg.
b) Die Aufsicht über die Reichsschulden-Verwaltung liegt der
Reichsschulden-Kommission ob, deren Zusammensetzung und
Aufgabe Bd. 1, S. 407 fg. dargestellt worden ist.
c) Die dem Reichskanzler obliegenden Geschäfte der Finanzver-
waltung werden von dem ihm unterstellten »Reichsschatzamt«
wahrgenommen !).
d) In allen Anleihegesetzen des Reiches ist vorgeschrieben, daß
über die Ausführung derselben dem Reichstage bei dessen nächster
Zusammenkunft Rechenschaft zu geben ist’).
II. Reichsbürgschaften. Im Art. 73 der Reichsverfassung
ist die Uebernahme einer Garantie zu Lasten des Reiches der Auf-
nahme einer Anleihe gleichgestellt worden, und es gelten die im vor-
stehenden entwickelten verfassungsrechtlichen Grundsätze in völlig
gleicher Weise von beiden Arten von Rechtsgeschäften. Das Reich
ist als Rechtsnachfolger des Norddeutschen Bundes in ein solches
Schuldverhältnis eingetreten. Durch das Gesetz vom 11. Juni 1868 °)
ist »das Bundespräsidium ermächtigt worden«, in Gemeinschaft mit
Großbritannien, Frankreich und Oesterreich die Garantie für ein von
der Donauschiffahrts-Kommission behufs Herstellung der dauernden
Fahrbarkeit des Sulinaarmes der Donaumündungen kontrahiertes
Anlehen zu übernehmen‘). Ferner haben die Regierungen von Deutsch-
land, Oesterreich-Ungarn, Frankreich, Großbritannien, Rußland und der
Türkei durch Uebereinkunft vom 18. März 1885 eine solidarische Bürg-
schaft füreine ägyptische Anleihe im Effektivbetrage von 9 Mil-
lionen Pfund Sterling übernommen, welche zum Teil zur Regelung
der Alexandriaentschädigungen, zum Teil zur Ordnung der Finanzen
und zur Bestreitung außerordentlicher Ausgaben bestimmt gewesen ist.
Diese Garantieübernahme ist durch das Reichsgesetz vom 14. Novem-
ber 1886 (Reichsgesetzbl. S. 301) genehmigt worden °). Sodann hat das
Reich eine Bürgschaft übernommen für die durch Einrichtung einer
anderweiten Rechtspflege in Samoa erwachsenden anteilmäßigen
1) Erlaß vom 14. Juli 1879 (Reichsgesetzbl. S. 196).
2) Gesetz vom 27. Januar 1875, $ 5 (Reichsgesetzbl. S. 19). In den späteren
Anleihegesetzen in Bezug genommen. Reichsschuldenordnung $ 1, Abs. 1a. E. und 8 15.
3) Bundesgesetzbl. 1869. S. 33 fg.
4) Vgl. hierüber die näheren Angaben in meiner Abhandlung in Hirths Annalen
1873, S. 439, die sich auch bei v. Rönne II, S. 90 wiederfinden.
5) Eingehende Erörterungen darüber bei W. Kaufmann, Das internationale
Recht der ägypt. Staatsschuld. Berlin 1891, bes. S. 156 ff.