Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 117. Allgemeine Charakteristik und geschichtliche Entwicklung. 375 
Kosten'). Bisher ist vom Deutschen Reiche eine Zahlung auf Grund 
dieser Bürgschaften nicht gefordert worden. 
Auf Grund des Gesetzes vom 31. Juli 1904 (Reichsgesetzbl. S. 330) 
hat das Reich eine Garantie für die ostafrikanische Eisenbahn von 
Daressalam nach Mrogoro und durch Gesetz vom 4. Mai 1906 (Reichs- 
gesetzbl. S. 525) eine Garantie für die Eisenbahn der Kamerun-Eisen- 
bahngesellschaft von Duala nach den Manengubabergen übernommen. 
Durch das Reichsgesetz vom 18. Mai 1908 (Reichsgesetzbl. S. 418) ist 
die Kreditbeschaffung in der Form der Schutzgebietsanleihe gestattet, 
für welche in erster Reihe die Schutzgebiete, subsidiär das Reich für 
Verzinsung und Tilgung haften. Siehe Bd. II, S. 309. Von dieser An- 
leiheform ist bereits 1909 Gebrauch gemacht worden. 
Endlich wurde der Reichskanzler durch das Reichsgesetz vom 
10. Juni 1914 (Reichsgesetzbl. S. 219) ermächtigt, zur Förderung der 
Herstellung geeigneter Kleinwohnungen für Arbeiter und gering besol- 
dete Beamte des Reichs und der Militärverwaltungen für Hypotheken- 
darlehen Bürgschaften bis zum Betrage von 25 Millionen Mark zu 
übernehmen. 
IV. Reichskassenscheine. Vergleiche über dieselben Bd. 3, 
Ss. 189. Es ist daselbst bereits hervorgehoben worden, daß dieselben 
nicht den juristischen Charakter des Papiergeldes haben, sondern un- 
verzinsliche, auf den Inhaber lautende Schuldscheine des Rei- 
ches sind, und daß demgemäß die Funktionen der Reichsschulden- 
Verwaltung und Reichsschulden-Kommission sich auch auf sie er- 
strecken. Ueber ihre Vermehrung zum Zweck der Erhöhung des Reichs- 
kriegsschatzes siehe oben S. 390. 
Zweiter Abschnitt. 
Die Finanzwirtschaft des Reiches *). 
8 117. Allgemeine Charakteristik und geschichtliche Entwicklung. 
I. Im Bundesstaat ist eine doppelte Gestaltung des Finanzwesens 
möglich, indem entweder die staatliche Einheit der Gesamtheit oder 
die Vielheit der verbundenen Gliedstaaten das maßgebende Prinzip 
bilde. Man kann diesen Gegensatz der Kürze wegen als Staatswirt- 
schaft und Sozietätswirtschaft bezeichnen. Bei der ersteren sind die 
Einnahmen und Ausgaben nicht bloß gemeinschaftliche, sondern ein- 
heitliche und ungeteilte; es gibt keine Sondereinnahmen oder Sonder- 
1) Gesetz vom 6. Juli 1890 (Reichsgesetzbl. S. 139). 
*), Hänel, Staatsrecht I, 860fg. H. Preuß, Reichs- und Landesfinanzen. 
(Heft 121 u. 122 der „Volkswirtschaftl. Zeitfragen“.) Berlin 189. Seydel, Kom- 
mentar, S.392 fg. Ad. Wagner, Finanzwissenschaft. Vierter Teil. (Leipzig 1901.) 
S.646 ff. Speck, Die finanzrechtl. Beziehungen zwischen Reich und Staaten. Breslau 
1908 (Abhandl. von Brie und Fleischmann, Heft 17). S. 34 ff.
	        
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