Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 118. I. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zoll- und Steuerwesens. 387 
lich; alles, was Inhalt eines Gesetzes sein kann, kann auch zum In- 
halt eines Staatsvertrages gemacht werden und umgekehrt; entscheidend 
ist allein der Rechtsgrund, auf welchem die verbindliche Kraft 
der Bestimmungen beruht, ob auf dem gegenseitigen Versprechen gleich- 
berechtigter Kontrahenten oder auf dem Befehl einer übergeordneten 
staatlichen Gewalt, und dieser Rechtsgrund ist eben dadurch geändert 
worden, daß die Verfassung die Bestimmungen des Zollvereinigungs- 
vertrages »in Kraft erhalten« hat'). Die wichtige praktische Kon- 
sequenz hiervon ist in dem Art. 40 selbst gezogen, daß nämlich diese 
Bestimmungen in Kraft bleiben, »soweit sie nicht durch die Vor- 
schriften dieser Verfassung abgeändert sind und solange sie nicht auf 
dem im Art. 7, bzw. 78 bezeichneten Wege abgeändert 
werden«. Zur Abänderung ist demnach die Zustimmung sämtlicher Re- 
gierungen der Bundesstaaten weder erforderlich noch, falls der Reichs- 
tag seine Zustimmung versagt, ausreichend. Auch daß die Ausdehnung 
dieser Bestimmungen auf Elsaß-Lothringen im Wege der Gesetzgebung 
erfolgt ist, bestätigt, daß hier Reichsrecht, nicht Vertragsrecht, in Rede 
steht. Hierdurch wird aber nicht ausgeschlossen, daß gewisse in dem 
Zollvereinigungsvertrage enthaltene Bestimmungen für einzelne Staaten 
Sonderrechte begründen, deren Abänderung nur mit Zustimmung 
des berechtigten Staates (Art. 78, Abs. 2 der Reichsverfassung) erfolgen 
darf ?). 
Die Verweisung des Art. 40 der Reichsverfassung auf den Zoll- 
vereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 schließt aber zugleich die Fort- 
geltung noch anderer Anordnungen in sich. Denn Art. 1 des erwähnten 
Vertrages enthält die Bestimmung, daß »die Zollvereinsverträge vom 
22, und 30. März und 11. Mai 1833, vom 12. Mai und 10. Dezember 1835, 
vom 2. Januar 1836, vom 8. Mai, 19. Oktober und 13. November 1841, 
vom 4. April 1853 und vom 16. Mai 1865 nebst den zu ihnen gehören- 
den Separatartikeln zwischen den vertragenden Teilen ferner in Kraft 
bleiben, soweit sie bisher noch in Kraft waren und nicht durch die 
folgenden Artikel abgeändert sind«; und in dem hierzu gehörenden 
Schlußprotokoll wird festgesetzt: »Die Verabredung, welche im Art. 1 
des Vertrages über die Wirksamkeit der daselbst genannten Verträge 
getroffen ist, soll auch auf diejenigen näheren Bestimmungen und Ab- 
reden, welche in den zu jedem dieser Verträge gehörigen Protokollen 
enthalten sind, sowie überhaupt auf alle infolge der Zollvereinigungs- 
haben. Die entgegengesetzte Ansicht hat nur an Thümmela. a. 0.S. 4ll einen 
Verteidiger gefunden. 
1) Diese Bestimmungen sind selbstverständlich unter der Voraussetzung eines 
vertragsmäßigen Vereinsverhältnisses abgefaßt, und da sie bei der Gründung des 
Reiches nicht umredigiert worden sind, so stehen sie noch jetzt indieser Formu- 
lierungin Kraft. Aus dieser rein äußerlichen Fassungsform kann aber natürlich 
nicht geschlossen werden, daß das Vereinsverhältnis materiell noch fortbesteht. 
2) Vgl. Bd. 1, S. 117 ff.; Seydel, Kommentar S$. 423.
	        
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