Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

388 $ 118. I. Allgemeine Rechtsgrundlagen des Zoll- und Steuerwesens. 
verträge zum Vollzuge derselben und zur weiteren inneren Ausbildung 
des Vereins getroffenen Vereinbarungen Anwendung finden.« Hiernach 
hat der Art. 40 der Reichsverfassung die Gesamtheit aller bei Erlaß 
der Reichsverfassung in Geltung gewesenen Bestimmungen, welche 
unter den Mitgliedern des Zollvereins verabredet worden waren, in 
Kraft erhalten, soweit sie nicht durch die Reichsverfassung abgeändert 
worden sind, und hierdurch ist eine volle Kontinuität zwischen der 
vertragsmäßigen Ordnung des Zollvereins und der reichsverfassungs- 
mäßigen Regelung des Zollwesens hergestellt!). Infolgedessen kann es 
bei einzelnen Fragen erforderlich sein, auf die älteren Verträge, Schluß- 
protokolle und Beschlüsse der Generalzollvereinskonferenzen bis zum 
Jahre 1833 zurückzugehen. Tatsächlich verringert sich allerdings dieses 
an und für sich sehr umfangreiche Material dadurch erheblich, daß 
die späteren Verträge meistens die in Geltung erhaltenen Sätze der 
früheren wiederholen, und daß namentlich der Vertrag vom 16. Mai 
1865 eine Kodifikation der wichtigsten damals geltenden Vereinsfest- 
setzungen enthält. 
II. Obwohl.die Anordnung, daß die Zollvereinssatzungen rechtliche 
Geltung behalten, durch einen Artikel der Reichsverfassung 
getroffen worden ist, so haben doch die einzelnen Bestimmungen der 
Zollvereinbarungen dadurch nicht den Charakter von Verfassungs- 
vorschriften erhalten. Es ergibt sich dies aus dem Art. 40 selbst, 
welcher die Klausel beifügt : »solange sie nicht auf dem Art. 7, bzw. 78 
bezeichneten Wege abgeändert werden«. Nur Art. 78 betrifft den Weg 
der Verfassungsänderung; Art. 7 dagegen, der seinerseits wieder (in 
Abs. 3) auf Art. 5 zurückweist, bezieht sich auf den Weg der Gesetz- 
gebung und der Verwaltungsverordnung ’). Wenn hiernach die Ab- 
änderung des Zollvereinsvertrages auf verschiedenen Wegen, 
auf dem des Verfassungsgesetzes, des einfachen Gesetzes und des Bundes- 
ratsbeschlusses, für zulässig erklärt wird, so ergibt sich, daß auch die 
staatsrechtliche Bedeutung der einzelnen Vertragsbestimmungen eine 
verschiedene ist und daß der Art. 40 neben seiner für alle Zollvereins- 
satzungen gemeinsamen Anordnung das Anerkenntnis dieser fortdauern- 
den Verschiedenheit enthält. Zum Verständnis dieses Satzes dient 
folgendes. 
Bei den Zollvereinsverträgen war wie bei allen Staatsverträgen die 
völkerrechtliche und die staatsrechtliche Wirkung zu 
unterscheiden. In völkerrechtlicher Beziehung hatten alle Bestim- 
mungen derselben eine und dieselbe Wirkung, sie erzeugten gegen- 
1) Delbrück S. 4. 
2) In der Verfassung des Norddeutschen Bundes trat das Recht des Bundesrates, 
Anordnungen der Zollvereinsverträge durch Beschlüsse abzuändern, dadurch noch 
deutlicher hervor, daß das Verordnungsrecht des Bundesrates nur in dem Abschnitt 
über das Zoll- und Handelswesen Anerkennung gefunden hatte (Art. 37) und Art. 40 
auf diesen Artikel Bezug nahm.
	        
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