Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 118. II. Die Einheit des Zollgebietes. 395 
zum Norddeutschen Bunde gehörenden Gebietsteile zur Zeit aus- 
schließen, der Bundesrat des Zollvereins auf Veranlassung des Präsi- 
diums des Norddeutschen Bundes über den Zeitpunkt Beschluß faßt, 
in welchem die Bestimmungen des Artikel 3 bis 5 und 10 bis 20 des 
Zollvereinsvertrages in diesem Staate oder Gebietsteile in Wirksam- 
keit treten. Es ergibt sich hieraus, daß den in Betracht kommenden 
Einzelstaaten kein Widerspruchsrecht gegen die Einbeziehung 
ihrer Gebiete oder Gebietsteile zusteht, und daß ebensowenig ein Akt 
der Gesetzgebung zur Beseitigung oder Beschränkung einer Zollexklave 
erforderlich ist. An die Stelle des Zollbundesrats ist seit der Errich- 
tung des Reiches der Bundesrat getreten, dessen Kompetenz überdies 
durch Art. 7, Ziff. 2 der Reichsverfassung begründet ist. Nachdem ver- 
fassungsmäßig neben dem Grundprinzip der Identität von Bundesge- 
biet und Zollgebiet auch die Zulässigkeit des Ausschlusses von Gebiets- 
teilen »wegen ihrer Lage« anerkannt worden ist, handelt es sich bei 
jeder einzelnen Exklave nur um eine Anwendung dieser Regeln 
auf den einzelnen Fall, also um eine Handhabung oder Ausführung 
des Gesetzes, nicht um eine Abänderung desselben ; und ebenso, wenn 
in einem Falle, in welchem die Ausnahme bisher zugelassen war, 
wegen veränderter Umstände die Grundregel in Anwendung gebracht 
wird. Von diesen Ausschlüssen, die wegen ihrer Geringfügigkeit gegen- 
wärtig ohne alle praktische Bedeutung sind'), werden von den be- 
treffenden Staaten an Stelle der Zolleinnahmen Aversionalbeträge zur 
Reichskasse entrichtet. Der Berechnung derselben wird die ortsan- 
wesende Bevölkerung, wie sie bei der letzten Volkszählung festgestellt 
worden ist, zugrunde gelegt). 
b) Art. 34 der Reichsverfassung lautet: »Die Hansestädte Bremen 
und Hamburg mit einem dem Zweck entsprechenden Bezirke ihres 
oder des umliegenden Gebietes bleiben als Freihäfen außerhalb 
der gemeinschaftlichen Zollgrenze, bis sie ihren Einschluß in dieselbe 
beantragen.« Dieser Artikel hat Anlaß zu zahlreichen Streitfragen 
1) Zurzeit bestehen Zollausschlüsse nur noch in den badischen Kreisen Kon- 
stanz und Waldshut, ferner in Hamburg das Freihafengebiet, einige Häuser in 
Cuxhaven und die Schiffsbevölkerung; die jetzige Abgrenzung des Freihafengebiets 
ist durch den Beschluß des Bundesrats vom 25. März 1909 (Zentralbl. S. 749) u. 3. Juli 
1913 (Zentralbl. 1914, S. 62) erfolgt; in Bremen ein kleines Gebiet in Bremerhaven 
und die Schiffsbevölkerung daselbst; in Preußen die Hafenanlagen bei Geeste- 
münde nebst der Schiffsbevölkerung und die Insel Helgoland. Reichsgesetz vom 
15. Dezember 1890, $ 2 (Reichsgesetzbl. S. 207). Vgl. über die Gründe des Ausschlusses 
von Helgoland Seydel, S. 226fg. Endlich ein Gebiet im Emder Außenhafen. 
Verordnung vom 28. Januar 1904 (Zentralbl. S. 27). Ueber die Abgrenzung siehe den 
Beschluß des Bundesrats vom 28. November 1912 (Zentralbl. 1914, S. 202). Die prak- 
tische Bedeutung dieser Zollausschlüsse ist ganz gering. 
2) Bundesratsbeschluß vom 25. Mai 1878 (Protok. 8 333). Nach dem Reichsgesetz 
vom 4. Dezember 1871, $ 3, Abs. 2 (Reichsgesetzbl. S. 413) sind die Aversionalbeträge 
an den nämlichen Terminen zur Reichskasse abzuführen, wie die Zölle und Steuern, 
deren Stelle sie vertreten.
	        
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