396 8 118. II. Die Einheit des Zollgebietes.
gegeben; da dieselben aber jetzt vollständig erledigt sind, so können
dieselben, welche in der ersten Auflage dieses Werkes Bd. III,
Abt. 2, S. 254 ff. ausführlich erörtert worden sind, nunmehr übergan-
gen werden '), Nur folgende Punkte sind zum Verständnis des Art. 34
der Reichsverfassung kurz hervorzuheben. Der staatsrechtliche
Gegensatz zwischen den im Art. 33, Abs. 1 aufgeführten Zollausschlüs-
sen und den Gebieten von Hamburg und Bremen bestand allein dar-
in, daß die ersteren vom Bundesrat nach freiem Ermessen in das
Zollgebiet eingeschlossen werden konnten, ohne daß den betreffenden
Einzelstaaten ein Widerspruchsrecht zustand, während der Einschluß
der Hansestädte Hamburg und Bremen von ihrem Antrage ab-
hängig gemacht war, ohne ihre Zustimmung also nicht beschlossen
werden konnte. Sodann war der Grund für den Zollausschluß der
Hansestädte nicht »ihre Lage«, d. h. die Schwierigkeit oder Kostspie-
ligkeit der Zollerhebung und der Verhütung des Schmuggels, sondern
die Eigenschaft als »Freihafen«, d. h. die Rücksicht auf den über-
seeischen Handelsverkehr. Dagegen hat Art. 34 mit dem zweiten Satz
von Art. 33, Abs. 1 das gemein, daß sie den Ausschluß der betref-
fenden Gebiete aus der Zollgrenze nicht vorschreiben, sondern nur
gestatten; die Beseitigung einer dieser Ausnahmen ist sonach keine
Veränderung, sondern eine vollständigere Verwirklichung des verfas-
sungsmäßigen Grundsatzes. Durch die Aufnahme der Hansestädte in
das Zollgebiet wurde Art. 34 nicht abgeändert, sondern erle-
digt, indem diese Hansestädte von dem ihnen vorbehaltenen Recht,
ihren Einschluß in die Zollgrenze zu beantragen, Gebrauch gemacht
haben °). Die Beschlußfassung über die Aufnahme und über die Mo-
dalitäten stand daher gerade ebenso wie hinsichtlich der Exklaven
des Art. 33, Abs. 1 dem Bundesrat zu; es bedurfte dazu keines
Reichsgesetzes und noch weniger einer Verfassungsänderung. Dem
1) Abgesehen von den gelegentlichen Ausführungen in den umfassenderen Dar-
stellungen des Reichsstaatsrechts und namentlich in Hänels Studien I, S. 200 hat
der preuß. Antrag vom 19. April 1880, betreffend den Einschluß der Hamburgischen
Vorstadt St. Pauli in das Zollgebiet, Veranlassung zu zahlreichen Erörterungen des
Art. 34 gegeben. Unter den staatsrechtlichen Erörterungen steht in erster
Linie und überragt an wissenschaftlicher Bedeutung alle übrigen der anonyme
Aufsatz in den Preußischen Jahrbüchern Bd. 46, S. 494 fg. (1880). Vgl.
ferner die Ausführung in der Fachzeitschrift Das deutsche Wollengewerbe Nr. 15,
1879 (Grünberg). — Die preuß. Denkschrift zur Begründung des Antrages vom 19. April
1880. — Art. 34 der Reichsverfassung und der Antrag Preußens vom 19 April 1880.
Hamburg, J. F. Richter. — Die Aufsätze in der Deutschen Rundschau 1880, Heft 10. —
Preuß. Jahrbücher Bd. 45, Heft 6 und Im neuen Reich, Juliheft 1881. Von beson-
derer Wichtigkeit sinddie Verhandlungen desReichstages 1880, S. 1071 ff.
u. S. 1264 ff.; 1881, S. 389 ff., 398 ff., 471 ff ; 1881/82 S. 39 ff., 777 ff., 813 ff. Einen
trefflichen Ueberblick über den Verlauf der Angelegenheit und die gesamte Literatur
gibt die Abhandlung von Gustav Tuch in Schmollers Jahrb. Bd. 6, Heft 1,
113—232 (1882).
2) Uebereinstimmend Hänel, Staatsrecht I, S. 674 und SeydelS. 240.