Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 118. II. Die Einheit des Zollgebietes. 399 
des Bundesratsbeschlusses oder im Wege des Reichsgesetzes verfügt 
wurde, formell zur Erhebung des Einspruchs berechtigt gewesen wäre; 
daß dagegen in staatsrechtlicher Beziehung im Deutschen Rei- 
che die Elbschiffahrtsakte der Verfassung gegenüber nicht in Betracht 
kommt. Der Bundesrat hat nun durch Beschluß vom 8. Dezember 
1881 die Unterelbe einschließlich der in derselben befindlichen Elb- 
inseln vom 1. Januar 1882 ab dem deutschen Zollgebiet angeschlos- 
sen !) und gleichzeitig Vorschriften über die Befreiung der nach und 
von Hamburg transitierenden Schiffe von zollamtlicher Behandlung, 
erlassen. 
Die Unterweser ist gleichzeitig mit dem bremischen Gebiet in 
die Zollgrenze einbezogen worden’). 
4. Das Bundesgebiet umfaßt bekanntlich in völkerrechtlicher Hin- 
sicht auch den Meeressaum auf Kanonenschußweite von der Küste 
aus. In einem solchen Sinne kann aber der Grundsatz, daß das Bun- 
desgebiet von einer gemeinschaftlichen Zollgrenze umschlossen werde, 
nicht verstanden werden, da sonst die Waren zollpflichtig wären, noch 
ehe sie an das Land gebracht werden können. Vielmehr bestimmt in 
dieser Beziehung $ 16, Abs. 2 des Zollgesetzes vom 1. Juli 1869 3): 
»Wo das Vereinsgebiet durch das Meer begrenzt wird, bildet die jedes- 
malige den Wasserspiegel begrenzende Linie des Landes die Zolllinie. 
Das gleiche gilt, wo das Vereinsgebiet an andere Gewässer grenzt, so- 
fern deren Stand von Ebbe und Flut abhängig ist«*). Die praktische 
Bedeutung dieser Anordnung betrifft vorzugsweise die Frage, in wel- 
chem Augenblick die Zollpflichtigkeit eintritt und eventuell der Tatbe- 
stand einer Zolldefraudation perfekt wird. 
Il. Die sachliche Bedeutung des Grundprinzips, daß 
Deutschland ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bildet, ist im 
Art. 33, Abs. 2 der Reichsverfassung ausgesprochen: »Alle Gegenstände, 
welche im freien Verkehr eines Bundesstaates befindlich sind, können 
in jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer 
Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleichartige in- 
ländische Erzeugnisse einer inneren Steuer unterliegen.« Die Tragweite 
dieses Grundsatzes ergibt sich aus den Artikeln des Zollvereinsvertrages, 
1) Zentralbl. des Deutschen Reichs 1881, S. 464. Auch der Reichstag hat 
sich schließlich hiermit einverstanden erklärt, indem er die Kosten des Anschlusses 
im Etatsgesetz für 1882/83 genehmigt und nur durch eine Resolution ausgesprochen 
hat, daß er hierdurch kein „Präjudiz* für die ihm zustehende Mitwirkung habe herbei- 
führen wollen. Sitzung vom 14. Januar 1882 (Stenogr. Ber. S. 656, 657). 
2) Zentralbl. 1888, S. 915. 3) Bundesgesetzbl. 1869, S. 320. 
4) Die Bestimmung steht in dem Abschnitt des Zollgesetzes, welcher die Ueber- 
schrift trägt: „Einrichtungen zur Beaufsichtigung und Erhebung des Zolles“ und hat 
mit der Frage wegen Abgrenzung der Zollexklaven gar keinen Zusammenhang. Un- 
richtigerweise ist ein solcher hervorgesucht worden bei den Erörterungen über den 
Zollanschluß der unteren Elbe, namentlich vom Fürsten Bismarck. Stenogr. 
Ber. 1880, S. 1268; die richtige Bedeutung des $ 16 cit. ist klargestellt worden von 
Lasker ebendaselbst S. 1309. 
 
	        
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