Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

406 8 118. III. Die Einheit der Zoll-Gesetzgebung und -Einrichtungen. 
den und demgemäß zur Entstehung gekommen als ein gleichlautendes 
Gesetz der fünf zum Zollverein verbundenen Staaten, d. h. des Nord- 
deutschen Bundes, Bayerns, Württembergs, Badens und Hessens'); bei 
der Gründung des Deutschen Reiches ist es nicht 
unter den Gesetzen des Norddeutschen Bundes, wel. 
che zu Reichsgesetzen erklärt worden sind, mit auf. 
geführt worden?); demnach ist keine Veränderung hinsichtlich 
des Rechtsgrundes seiner Geltung eingetreten. Allein praktisch ist 
dies in betreff der Gesetzgebungsbefugnis unerheblich; denn da den 
Einzelstaaten die Befugnis zur Gesetzgebung in Zollsachen gänzlich 
entzogen ist, so sind sie außerstande, an dem Vereinszollgesetz irgend 
eine Veränderung vorzunehmen, und es ist mithin die gleichmäßige 
Geltung des Zollgesetzes im Reichsgebiete ebenso gesichert, als wäre es 
ausdrücklich zum Reichsgesetz erklärt worden ?). 
In Elsaß-Lothringen ist das Gesetz eingeführt worden durch das 
Gesetz vom 17. Juli 1871 (Gesetzbl. S. 37); hier und im Gebiet des 
ehemaligen Norddeutschen Bundes hat es den Charakter des wirk- 
lichen Reichsgesetzes ?). 
2. Das Zolltarifgesetz vom 25. Dezember 1902 
(RGBl.S. 303). Es ist an die Stelle des Reichsgesetzes betreffend den 
Zolltarif vom 15. Juli 1879 und der zahlreichen dazu ergangenen Aende- 
  
  
1) Anderer Ansicht Havenstein 8.6. Allein der Zollverein hatte keine Staats- 
gewalt, also auch keine Gesetzgebungsgewalt; seine Beschlüsse waren völkerrecht- 
liche Verträge, welche in den einzelnen Staaten nur durch Akte der Landesstaats- 
gewalt Gesetzeskraft erhielten. Die Vereinsstaaten waren den anderen Vereinsstaaten 
gegenüber hierzu vertragsmäßig verpflichtet und sie konnten nach Landesstaats- 
recht dieser Verpflichtung durch Verkündigung der Zollvereinsbeschlüsse genügen. 
Es gilt dasselbe wie von den sogen. Bundesgesetzen des Deutschen Bundes. 
2) Vgl. Art. 80 der mit Baden und Hessen vereinbarten Verfassung (Bundes- 
gesetzbl. 1870, S. 647). Bayer. Verfassungsvertrag II, 88 (Reichsgesetzbl. 1871, S. 2]). 
Reichsgesetz vom 16. April 1871, $ 2 (Reichsgesetzbl. S. 63). Vermutlich 
empfand man kein praktisches Bedürfnis, ein Gesetz, welches im ganzen Reichsgebiet 
gleichmäßig in Geltung stand, als Reichsgesetz einzuführen. 
3) Dagegen kann der angeregte Punkt zu Schwierigkeiten bei der Interpretation 
derjenigen Gesetzesvorschriften führen, welche sich auf „Reichsgesetze“* beziehen. 
Es gilt dies besonders von der Bestimmung des Art. 5 des Einführungsgesetzes zur 
Strafprozeßordnung: „Die prozeßrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze werden 
durch die Strafprozeßordnung nicht berührt.“ Man wollte damit gerade auch gewisse 
Bestimmungen der Zoll- und Steuergesetze aus der Zeit des Zollvereins in Geltung 
erhalten und war sich wohl kaum bewußt, daß diese Gesetze gar keine „Reichs- 
gesetze“ sind. In der Praxis wird das Vereinszollgesetz ohne Bedenken als Reichs- 
gesetz behandelt. 
4) Zur Ergänzung des Zollgesetzes dienen die allgemeinen Regeln des Straf- 
gesetzbuchs und die Vorschriften der Strafprozeßordnung $ 459 ff.; sowie das Gesetz 
betreffend die Sicherung der Zollvereinsgrenze in den Hamburger Gebietsteilen vom 
1. Juli 1869 (Bundesgesetzbl. S. 370), welches durch das Reichsgesetz vom 28. Juni 1879 
(Reichsgesetzbl. S. 159) auf Bremen ausgedehnt worden ist.
	        
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