Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

410 8 118. III. Die Einheit der Zoll-Gesetzgebung und -Einrichtungen. 
sätze über das Zoll- und Steuerwesen in den Zoll- und Steuer ge- 
setzen, die Verwaltungsregeln über dieselben Materien in 
den Zoll- und Steuer verordnungen enthalten seien, steht in offen- 
kundigem Widerspruch mit dem wirklichen Inhalt dieser Gesetze und 
Verordnungen. Wer diese Gesetze und Verordnungen kennt, muß zu- 
geben, daß sowohl Rechtsregeln wie Verwaltungsregeln teils in der 
Form des Gesetzes, teils in der Form der Verordnung auf Grund ge- 
setzlicher Ermächtigung sanktioniert worden sind. Es wie- 
derholt sich bei dem Zoll- und Steucrwesen dieselbe Erscheinung, auf 
welche bereits bei der Darstellung des Post- und Telegraphenwesens 
und des Heer- und Marinewesens hingewiesen worden ist und die bei 
allen Verwaltungen wiederkehrt. 
2. Bei der Errichtung und Fortbildung des ehemaligen Zollvereins 
konntensich die deutschen Staaten, wenn sie die Zwecke dieses Vereins 
wirklich erreichen wollten, nicht darauf beschränken, Rechtsregeln über 
die Verpflichtung zur Zoll- und Steuerentrichtung und über die hier- 
mit zusammenhängenden Materien zu vereinbaren, sondern sie muß- 
ten auch übereinstimmende Verwaltungsmaßregeln treffen und ein 
gleichmäßiges Verfahren der Behörden und eine gleiche 
Handhabung der Normen sicherstellen. Der Zollverein schuf daher 
von Anfang an für seine Mitglieder sowohl gemeinschaftliches Öffent- 
liches Recht als -gemeinschaftliche Verwaltungsregeln. Zu einer for- 
mellen Unterscheidung von gesetzlichen und verordnungsmäßigen Vor- 
schriften war aber keine Veranlassung gegeben, da der Zollverein ge- 
mäß seiner juristischen Natur als eines völkerrechtlichen Verhältnisses 
überhaupt nur eine einzige Rechtsform für seine Festsetzungen hatte, 
nämlich die des Staatsvertrages. Nur inwieweit die Durchfüh- 
rung der unter den Mitgliedern des Vereins getroffenen Vereinbarungen 
in den einzelnen Staaten der Genehmigung der Volksvertretungen be- 
durfte, bestimmte sich nach ihrem Inhalte und dem partikulären Ver- 
fassungsrecht; für das gegenseitige Verhältnis der Staaten zueinander 
hatten alle Vereinbarungen dieselbe Rechtswirkung'). Dagegen machte 
sich in anderer Beziehung eine Verschiedenheit der Verabredungen 
geltend. Die wichtigeren, grundlegenden, auf die Dauer berechneten, 
für die Errichtung, Fortbildung oder Erweiterung des Vereins wesent- 
lichen nahm man in die formellen Verträge auf; die Spezialvorschrif- 
ten oder Abreden von untergeordneter oder vorübergehender Wich- 
tigkeit formulierte man in Protokollen oder wies sie besonderen Ver- 
handlungen zu. Auch bedurfte man einer Einrichtung, um während 
der in den Verträgen vereinbarten Perioden, für welche der Verein 
geschlossen war, Verständigungen unter den Mitgliedern über die Ab- 
stellung von Mängeln, die sich herausgestellt hatten, oder über die Er- 
ledigung von Detailfragen zu ermöglichen; insbesondere auch um 
Meinungsverschiedenheiten unter den Regierungen über die Auslegung 
1) Siehe Bd. 2, S. 126 ff.
	        
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