Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 118. IV. Die Verwaltung der Zölle. 413 
führung der Reichsgesetze und Bundesratsbeschlüsse zu erlassen. Der 
Rahmen, innerhalb dessen sich die Verwaltungsverordnungen der 
Einzelstaaten halten müssen, ist aber nicht bloß durch die Reichsge- 
setze und Rechtsverordnungen des Reiches, sondern auch durch die 
Verwaltungsverordnungen desselben eng gezogen. 
IV. Die Verwaltung der Zölle. 
1. »Die Erhebung und Verwaltung der Zölle und Verbrauchs- 
steuern (Art. 35) bleibt jedem Bundesstaate, soweit derselbe sie bisher 
ausgeübt hat, innerhalb seines Gebietes überlassen« (Reichsverfassung 
Art. 36, Abs. 1). In diesem Satze spricht die Reichsverfassung ein Grund- 
prinzip aus, das in analoger Art auch bei den meisten anderen Ver- 
waltungszweigen wiederkehrt. Dem Reiche ist die Befugnis zugewiesen, 
die Verwaltung zu regeln und zu beaufsichtigen, die Einzel- 
staaten sind berechtigt, sie zu führen. Das Reich ist daher verfas- 
sungsmäßig in keinem Teile des Bundesgebietes zur Erhebung der im 
Art. 35 der Reichsverfassung aufgeführten Abgaben befugt’). Auch 
durch die Worte »soweit derselbe sie bisher ausgeübt hat« wird keine 
Kompetenz für das Reich reserviert, sondern die Fortgeltung der- 
jenigen Beschränkungen einzelner Bundesstaaten und der diesen ent- 
sprechenden Machterweiterungen anderer Bundesglieder anerkannt, 
welche durch die Zollvereinsverträge und durch die unter den Mit- 
gliedern des Zollvereins abgeschlossenen Separatverträge begründet 
sind. Die unter den Bundesstaaten abgeschlossenen Zoll- und 
Steuerkonventionen sind innerhalb der von der Verfassung 
aufgestellten Rechtsschranken aufrecht erhalten und zugelassen, wie die 
Post-, Gerichts- und Militärkonventionen. Unter den Zoll- und Steuer- 
konventionen sind ganz ebenso wie unter den Gerichtskonventionen 
zwei Arten zu unterscheiden ; entweder ist durch dieselben unter meh- 
reren Staaten eine gemeinschaftliche Zoll- und Steuerverwal- 
tung errichtet worden, oder es ist die Verwaltung eines Gebietes einem 
anderen Staate übertragen worden. Das erste ist geschehen durch 
den Vertrag wegen Errichtung des thüringischen Zoll- und Handels- 
vereins?), das andere durch eine Anzahl von Verabredungen, durch 
welche einige kleinere Gebiete der preußischen Zollverwaltung ange- 
schlossen worden sind?°). 
—— 
1) Auch in Elsaß-Lothringen gehört die Zollerhebung und -verwaltung zur 
Reichslandsverwaltung im Gegensatz zur Reichsverwaltung im engeren Sinn, da das 
Reichsland auch in dieser Hinsicht wie ein Bundesstaat behandelt wird. 
2) Der ursprüngliche Vertrag ist vom 10. Mai 1833; die letzte Festsetzung von 
1890. Vgl. über die jetzige Organisation Zentralbl. 1890, S. 86. 
3) Die Worte „innerhalb seines Gebietes“ im Art. 36, Abs. 1 sind bedeutungslos 
und, streng genommen, im Widerspruch mit den vorhergehenden Worten „soweit 
derselbe sie bisher ausgeübt hat“, da die letzteren gerade den Fall betreffen, daß ein 
Bundesstaat außerhalb seines Gebietes Verwaltungsbefugnisse ausübt. Die Ge- 
biete, in denen Preußen vertragsmäßig die Zölle und Reichssteuern erhebt, sind
	        
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