$ 128. Bedeutung und Feststellung des Haushaltsetatsgesetzes. 523
stellung eines Voranschlages gehört demgemäß zu den unerläßlichen
Erfordernissen einer geordneten Staatswirtschaft. Die Notwendigkeit der
Budgetaufstellung ist nicht die Folge irgendeiner Verfassungsform, ist
nichts Charakteristisches der konstitutionellen Monarchie, ist keine
Errungenschaft der neueren politischen Entwicklung, sondern sie ergibt
sich aus der Größe und dem Umfang der Staatswirtschaft. So wie es
zu der Sorgfalt jedes ordentlichen Verwalters gehört, für ein Unter-
nehmen, welches bedeutende Aufwendungen erfordert, einen Voran-
schlag zu machen, so hat man auch lange vor Einführung der kon-
stitutionellen Staatsform ebensowohl die Aufstellung eines Staatshaus-
haltsetats als Voranschlag für die Kosten der Verwaltung, wie die
nachträgliche Ablegung und Prüfung der Rechnungen als unerläßliche
Erfordernisse einer geordneten Staatsverwaltung anerkannt !).
Der Etat ist eine Rechnung und zwar nicht über bereits ge-
leistete Ausgaben und erhobene Einnahmen, sondern. über künftig zu
bewirkende Einnahmen und Ausgaben; er ist ein sogenannter Vor-
anschlag und bildet die Grundlage für die nach Ablauf der Wirt-
schaftsperiode zu legende Rechnung über die wirklichen Einnahmen
und Ausgaben ?). Das preußische Gesetz, betreffend den Staatshaushalt,
1886, S. 83 ff.; Jellinek, Gesetz und Verordnung, Freiburg i. B. 1887, und sein
Artikel „Budgetrecht“ im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 2. Aufl., Bd. 2,
S. 1164 ff.,; Prazäk im Archiv für öffentl. Recht II, S. 441-492 (1887); Arndt
ebendaselbst III, S. 533—568 (1888) und Staatsrecht S. 329 ff.; Hänel, Das Gesetz
im formellen und materiellen Sinne (Studien II, 2), S. 291 ff. (1888); Brie im Archiv
für öffentl. Recht Bd. 4, S.24 ff. (1889); Zorn in Hirths Annalen 1889, S. 363 ff. und
Staatsrecht (2. Aufl.) I, $S 16; Rümelin in der Tübinger Zeitschrift für die gesamte
Staatswissenschaft Bd. 45, S. 299 ff. (1889); Bornhak, Preuß. Staatsrecht Bd. 3,
S. 573 ff., Freiburg i.B. 1890; Fricker in der Tübinger Zeitschrift Bd. 50, S. 401 ff.
(1894); Teznerin der Krit. Vierteljahrsschr. Bd. 37, S. 271 ff. (1895); Otto Mayer,
Deutsches Verwaltungsrecht I, S. 378 ff.; Max Seydel, Kommentar (2. Aufl.)
S. 386 ff.; Ad. Ott, Das Budgetrecht des Deutschen Reichstags (Hamm 1902); Dey-
beck in Grünhuts Zeitschr. Bd. 29, S. 369 ff.; Bd. 30, S. 241 ff.;, Fr. Ehlert, Die
rechtliche Bedeutung des Reichshaushaltsgesetzes, Göttingen 1912. Zu erwähnen ist
auch die ausgezeichnete, auch das deutsche Recht mitberücksichtigende Darstellung
des Budgetrechts von M. Boucard und G. J&ze, Elements de la science des
finances (2. Aufl.) S. 11 ff. (1901). G. Vitagliano, Il contenuto giuridico della
legge del bilancio. Roma 1910 (dazu Georg Jellinek im Archiv des öffentl. Rechts,
Bd. 27, S. 604). Eine kritische Besprechung dieser Literatur folgt unten im „Anhang“.
In dem verdienstlichen Buche vom M. v. Heckel, Das Budget, Leipzig 1898, wer-
den die staatsrechtlichen Fragen teils gar nicht behandelt, teils nur oberflächlich
berührt.
1) Gneist, Gesetz und Budget S. 162; Schulze, Lehrbuch I, S. 683; Jel-
linek S. 130 ff.; insbesondere für Preußen Arndta.a. O. S. 537 ff., und Born-
hak IIl, S. 573 ff. und die trefflichen Erörterungen von Frickera.a. O0. S. 402.
Die Aufstellung eines Etats ist auch keine Besonderheit der Staatswirtschaft; sie ist
auch für jede Gemeinde, jeden Kommunalverband, jede Anstalt oder Stiftung mit
bedeutender Verwaltung usw. erforderlich. Vgl. auch v. HeckelS.4fg.
2) Hänela.a.0.S. 215 polemisiert gegen die Bezeichnung des Etats als einer,
Rechnung, indem er dieses Wort im rein arithmetischen Sinne nimmt und behauptet