Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 128. Bedeutung und Feststellung des Haushaltsetatsgesetzes. 535 
entschädigung vom 8. Juli 1872, Art. IV (Reichsgesetzbl. S. 290) zur 
Anerkennung gebracht worden, indem daselbst bestimmt wurde: 
»Die Einnahmen aus der Veräußerung der entbehrlich werden- 
den Festungsgrundstücke oder solcher Grundstücke, welche 
nach der Wiederherstellung und Vervollständigung der Festungen 
im Besitze der Militärverwaltung verbleiben, oder welche aus Reichs- 
mitteln in Gemäßheit dieses Gesetzes erworben werden, dürfen 
nur unter Genehmigung des Bundesrates und des 
Reichstages verausgabt werden und sind, sofern diese 
Genehmigung nicht anderweitig erfolgt ist, in dem nächsten Reichs- 
haushaltsetat in die zur Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben 
bestimmten Einnahmen einzustellen.« | 
Eine generelle und ganz umfassende Regelung hat dieser Punkt 
aber durch die 8$ 10—12 des Reichsgesetzes vom 25. Mai 1873 (Reichs- 
gesetzbl. S. 115) erhalten. Gemäß der im Art. 79 der Reichsverfassung 
enthaltenen Regel ist im $ 10 a. a. O. angeordnet worden, »daß alle 
Einnahmen aus der Veräußerung vonGrundstücken, Materialien, Uten- 
silien oder sonstigen Gegenständen, welche sich im Besitz der Reichs- 
verwaltung befinden, fürjedes Jahr veranschlagt undauf 
den Reichshaushaltsetat gebracht werden müssen«. 
Diese Bestimmung dient zunächst dem Zweck, daß der Etat eine 
vollständige Uebersicht der zu erwartenden Einnahmen liefern 
soll, und sie schneidet der Regierung eine außeretatsmäßige Einnahme, 
über deren Verwendung keine Verfügung getroffen ist, ab; sie gibt aber 
zugleich dem Bundesrate und dem Reichstage die Befugnis, die in 
Aussicht genommenen Veräußerungen zu prüfen und zwar nicht bloß 
in der Beziehung, ob die daraus zu erwartenden Einnahmen richtig 
veranschlagt sind, sondern auch hinsichtlich der Zulässigkeit der Ver- 
äußerungen selbst. Hieraus ergibt sich das Recht des Bundesrates und 
des Reichstages, die Veräußerungen von Verwaltungseigentum des 
Reiches zu genehmigen, beziehentlich zu untersagen. Dem 
entsprechend bedürfen auch die Ueberschreitungen solcher Einnahme- 
etats und außeretatsmäßige Einnahmen aus der Veräußerung der er- 
wähnten Gegenstände der nachträglichen Genehmigung des Bundes- 
rates und desReichstages. Ein mit Verletzung dieser Gesetzesvorschrift 
abgeschlossener Verkauf erlangt nur durch vorhergehende Ermäch- 
tigung oder nachfolgende Genehmigung des Bundesrats und des Reichs- 
tags zivilrechtliche Gültigkeit. Sowie der Bevollmächtigte nur innerhalb 
des Umfangs der ihm erteilten Vollmacht den Vollmachtgeber durch 
Rechtsgeschäfte verpflichten kann, so ein Staatsbeamter nur innerhalb 
seiner Zuständigkeit. Die letztere wird durch das Gesetz bestimmt. 
Wenn die Zuständigkeit eines Beamten, gewisse Geschäfte abzuschließen, 
an bestimmte Bedingungen und Voraussetzungen gesetzlich gebunden 
ist, so sind dadurch die Grenzen gezogen, innerhalb deren allein der 
Beamte ermächtigt ist, diese Geschäfte mit zivilrechtlicher Wirksam-
	        
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