$ 129. Die Wirkungen des Etatsgesetzes. 947
nicht verbrauchten Fonds können überdies nicht in das Unendliche
aufbewahrt und rechnungsmäßig fortgeführt werden wegen der Mög-
lichkeit, daß noch nachträgliche Zahlungen a conto früherer Jahres-
etats erforderlich werden könnten, sondern sie sind gemäß der Instruk-
tion für die preußische Oberrechnungskammer vom 18. Dezember 1824,
$ 24, die provisorisch auch für den Rechnungshof des Deutschen Rei-
ches bindende Kraft hat, am Ende des zweiten Jahres als erspart zu
berechnen. Eine Abweichung von dieser engen Begrenzung der Rest-
verwaltung tritt nur dann ein, wenn der Etat selbst Ausgabenpositio-
nen für übertragbar von einem Jahr auf das andere erklärt‘). Als
solche Fonds gelten alle Baufonds und alle zu einmaligen Ausgaben
bewilligten Summen.
Bei der Kommissionsberatung über den Gesetzentwurf betreffend
die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben usw. im Jahre 1874
wurden die in der Praxis befolgten Grundsätze und die Maßregeln zur
möglichsten Einschränkung der Restverwaltung erörtert und unter
Zustimmung der Regierungsvertreter in den Abänderungsvorschlägen
der Kommission formuliert ?). Der umgearbeitete Entwurf der Re-
gierung hat diese Vorschläge im wesentlichen aufgenommen und liefert
dadurch einen Ueberblick über die tatsächlich befolgten
Regeln°®). Hiernach ist im allgemeinen eine abgesonderte Rest-
verwaltung beseitigt; bei den von einem Jahre in das andere übertrag-
baren Fonds ist die Verwaltung der Ausgabenreste mit der laufenden
Verwaltung vereinigt und der Nachweis über die Verausgabung der Reste
in der Rechnung des folgenden Jahres ungetrennt von den Ausgaben der
laufenden Verwaltung zu führen *). Fonds, bei denen eine Uebertragung
von einem Jahre in das andere zulässigist, sind nur alle Ba u fonds, ferner
die zu einmaligen Ausgaben bewilligten, und endlich solche Fonds,
für welche die Uebertragbarkeit im Etat ausdrücklich anerkannt ist.
1) Nach einer am 27. April 1871 beschlossenen Resolution des Reichstages
soll bei Aufstellung des Etats hinsichtlich der übertragbaren Titel derselben jedesmal
erkennbar gemacht werden, wieviel von den übertragbaren Fonds in dem Vorjahre
wirklich verwandt und wie viel daher von demselben für das laufende Jahr noch
disponibel ist (Stenog. Berichte S. 419—424),. Die Reichsregierung hat ihre Zu-
stimmung dazu erklärt und dementsprechend diese Nachweisungen für die aus dem
Jahre 1870 disponibel gebliebenen Bestände der Marine- und Telegraphenverwaltung
pro 1871 schon am 2. November 1871 gegeben (Drucksachen II. Sess.,; 1871, Nr. 36).
2) Vgl. Drucksachen 1874, Nr. 108, S. 17 ff., 37 ff. Auszugsweise abgedruckt bei
v. Rönne II, 1, S. 166 ff.
3) Vgl. den Entwurf von 1877 (Drucksachen Nr. 115), $S 26 ff., und dazu die
Motive S. 19 ff.
4) Nach 8 32 des Entwurfes sind aber bei diesen Fonds in der Rechnung der
Reichshauptkasse gesondert nachzuweisen 1. der in dem betreffenden Jahre ausge-
gebene Betrag, 2. der auf das folgende Jahr übertragene Bestand, 3. der aus dem
Vorjahre übernommene Bestand. Die Regeln über die Restverwaltung sind jetzt in
dem preuß. Gesetz vom 11. Mai 1898, $ 42 ff., in dem angegebenen Sinne kodifiziert
worden; sie kommen auch auf die Verwaltung des Reichs zur Anwendung, wenn-
gleich es gegenwärtig noch an einem ähnlichen Gesetz über den Reichshaushalt fehlt.