Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

52 8%. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 
die Kosten und Lasten seines Kriegswesens, den Unterhalt der auf 
seinem Gebiete belegenen festen Plätze und sonstigen Fortifikationen 
inbegriffen, ausschließlich und .aallein trägt. 
Die von den Einzelstaaten zu machenden Leistungen für die 
Armee sind von zweierlei Art: sie bestehen teils in der Hergabe von 
dienstfähiger Mannschaft (Rekruten- oder Ersatzleistung), teils in der 
Hergabe von Geld (Finanzleistung). 
I. Die Stellung des Ersatzbedarfes. 
Art. 60 der Reichsverfassung enthält außer der Bestimmung über 
die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres bis zum 31. Dezember 
1871 die Vorschrift, daß die Mannschaften pro rata der Bevölkerung 
von den einzelnen Bundesstaaten gestellt werden. Derselbe Grundsatz 
ist als dauernde, von der Präsenzstärke unabhängige Rechtsregel in dem 
Militärgesetz 8 9 bestätigt und weiter ausgeführt worden. An Stelle dieser 
Vorschriften ist nunmehr das Reichsgesetz, betreffend die 
Ersatzverteilung, vom 26. Mai 1893 (Reichsgesetzbl. S. 185) 
getreten '. Es hat drei wichtige Abänderungen des bisherigen Rechts- 
zustandes eingeführt; es hat an Stelle der durch die letzte Volks- 
zählung festgesetzen Bevölkerungszahl die tatsächlich vorhandene An- 
zahl diensttauglicher Militärpflichtiger zum Verteilungsmaßstab 
bestimmt; es hat ferner an Stelle der einzelnen Staaten die Armee- 
korpsbezirke als Grundeinheiten der Ersatzverteilung erklärt; es hat 
endlich infolge der hierdurch erzielten Vereinfachung des Verfahrens 
die Funktionen des Bundesratsausschusses für das Landheer und die 
Festungenbeseitigtund die Verteilungden Kriegsministerien übertragen’). 
1. Auf Grund der gesetzlich festgestellten Präsenzstärke wird all- 
jährlich der erforderliche Rekrutenbedarf für das gesamte Reichsheer, 
mit Ausnahme des bayerischen Kontingents, sowie für die Marine 
vom Kaiser bestimmt’). Die Verteilung auf die Armeekorpsbe- 
1) Zur Ausführung des Gesetzes ist die kaiserl. Verordnung vom 3. Juni 1893 
ergangen, durch welche die betreffenden Paragraphen der Wehrordnung vom 22. No- 
vember 1888 abgeändert worden sind. Armee-Verordnungsblatt S. 162. Zentralblatt 
des Deutschen Reiches. S. 157 fg. 
2) Vgl. die Motive zum Gesetzentwurf in den Drucksachen des Reichstages von 
1893 Bd. 1, Nr. 21. 
3) Das Recht des Kaisers zur Feststellung des Rekrutenbedarfs ist im wesent- 
lichen ein nur formelles, denn durch die gesetzlich festgestellte Friedenspräsenz- 
stärke und die bestehende Heeresorganisation ist der jährliche Bedarf an Rekruten 
materiell bestimmt. Insbesondere aber ist der Kaiser befugt, den Präsenzstand in 
den einzelnen Cadres (unter Festhaltung der gesetzlich festgestellten Normal- 
präsenzstärke des ganzen Heeres) anzuordnen und den Termin der Entlassung der 
ausgedienten Mannschaften und der Einstellung der Rekruten zu bestimmen. Der 
tatsächliche Geschäftsgang ist der, daß bei jedem einzelnen Truppen- und Marineteil 
der zur Komplettierung der etatsmäßigen Stärke erforderliche Bedarf zu ermitteln 
und dem zuständigen Kriegsministerium mitzuteilen ist. Vgl. Wehrordnungl], 
8 5lfg. Die Verteilung der Rekruten wird alljährlich durch eine im Allgemeinen 
Verordnungsblatt abgedruckte Kabinettsorder festgestellt.
	        
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