Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

54 8%. Die Gemeinschaft der Lasten und Ausgaben für die bewaffnete Macht. 
herangezogen werden können, als Angehörige der betreffenden Kon- 
tingente bei ihnen zur Aushebung gelangen '). 
4. Für die Zuteilung der auszuhebenden Rekruten an die Truppen 
des Reichsheeres ist das militärische Bedürfnis bestimmend ?). 
Da über dieses Bedürfnis der Kaiser resp. die Militärkommandobe- 
hörde zu entscheiden hat, so folgt, daß die aus einem Aushebungs- 
bezirk oder Staatsgebiet gestellten Rekruten nach Anordnung des Kai- 
sers in jeden beliebigen Truppenkörper des ganzen Reichsheeres ein- 
gestellt werden können, ohne daß der Regierung des Einzelstaales 
ein Widerspruchsrecht zusteht. An diesem Rechtssatz wird auch da- 
durch nichts geändert, daß tatsächlich die meisten Truppenkörper, 
insbesondere die Linien-Infanterieregimenter, bestimmte Rekrutierungs- 
bezirke haben ?.. Der erwähnte Rechtssatz kann in doppelter Rich- 
tung wirksam werden; es können sowohl in das Kontingent des ein- 
zelnen Staates die in anderen Staaten ausgehobenen Rekruten einge- 
stellt als auch die im eigenen Staatsgebiet zur Aushebung gelangten 
Rekruten zur Komplettierung anderer Kontingente verwendet werden. 
Für eine große Zahl von Staaten ist aber die Anwendung des Grund- 
satzes ausgeschlossen oder beschränkt und zwar in folgender Weise: 
a) Verfassungsmäßig ist der Grundsatz gänzlich ausge- 
schlossen für Bayern und zwar durch den Zusatz, welchen Art. 58 
der Reichsverfassung in dem Vertrage vom 23. November 1870 er- 
halten hat, wonach Bayern die Lasten seines Kriegswesens aus- 
schließlich und allein trägt und durch den Ausschluß des 
militärischen Oberbefehls usw. des Kaisers über die bayerische Armee 
im Frieden. In das bayerische Kontingent können daher weder die 
in anderen Bundesstaaten ausgehobenen Rekruten eingereiht werden, 
noch kann der in Bayern gestellte Ersatz für andere Kontingente in 
Anspruch genommen werden. Es gehört diese Selbständigkeit der 
Ersatzstellung zu den verfassungsmäßigen Sonderrechten Bayerns, 
welche nur nach Art. 78 der Reichsverfassung beseitigt werden können. 
b) Durch das Gesetz vom 26. Mai 1895 (in Uebereinstimmung mit 
dem Militärgesetz von 1874, 8 9, Abs. 4) ist dasselbe Verhältnis im 
Frieden auch für Sachsen und Württemberg hergestellt 
worden, indem diese beiden Staaten den Ersatz für ihre Armeekorps 
in ihren Gebieten selbst aufbringen und die von ihnen ausgehobenen 
Rekruten nicht in andere Kontingente eingereiht werden dürfen *). 
1) Dieses Prinzip hat schon im Militärgesetz vom 2. Mai 1874, 8 9, Abs. 4 An- 
erkennung gefunden. — Den Rekrutenbedarf für das Fußartilleriebataillon Nr. 13 
stellt demnach, seitdem das Bataillon aus dem württembergischen Kontingent in das 
preußische übergegangen ist, Preußen. Vereinbarung vom 2./18. September 1893, 
Ziff. 8. 
2) Reichsgesetz vom 26. Mai 189, 8 1, Abs. 6. Dieselbe Bestimmung findet 
sich bereits im Militärgesetz 8 9, Abs. 4. 
3) Vgl. Heerordnung $ 2. 
4) Das Reichsgesetz vom 19. April 1905, Art. 1, $S 1 (Reichsgesetzbl. S. 247) be-
	        
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