Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

584 Anhang. Die neuere deutsche Literatur über das Budgetrecht. 
unterscheidet zwischen dem Verhältnis der Regierung zu den Kammern 
und dem Verhältnis des Staates zu seinen Gläubigern; nur für das 
erstere, nicht für das letztere habe der Staatshaushalt Bedeutung. 
Diese Unterscheidung ist unzweifelhaft richtig, aber ebenso unzweifel- 
haft nicht neu'); es handelt sich bei der ganzen Kontroverse nicht 
um die zivilrechtlichen Forderungen und Verpflichtungen des Fiskus, 
sondern um die staatsrechtliche Bedeutung des Budgetgesetzes. 
Arndt geht davon aus, daß die Feststellung des Etats ein Verwal- 
tungsakt, eine an die Verwaltungsbehörden erteilte Anweisung, eine 
»interne Instruktion« darstelle (S. 540 fg.) ?), und er leitet daraus einige 
richtige Folgerungen hinsichtlich des beschränkten Rechts des Land- 
tages zur »Einnahmebewilligung« her. Hinsichtlich der Ausgaben- 
bewilligung aber stellt er (S. 558 ff.) eine Lehre auf, die um so mehr 
einer näheren Würdigung bedarf, als sie einer sehr weit verbreiteten 
Anschauung entspricht. Er meint: die Votierung des Budgets bedeute 
nicht bloß, daß die Ausgaben geleistet werden dürfen, sondern zu- 
gleich, daß das am Ruder befindliche Ministerium 
sie leisten darf. Nach französisch-belgischem Rechte sei die 
Sache klar und zweifellos; die Verhandlungen über die preußische 
Verfassungsurkunde ergeben, daß die Mehrheit der zweiten und die 
Minderheit der ersten Kammer den gleichen Rechtszustand erstrebten, 
und daß schließlich dem Landtage zwar das Steuerbewilligungsrecht 
versagt, dagegen das »volle Ausgabenverweigerungsrecht« gewährt wor- 
den sei, 
»nicht in dem Sinne, daß die Verweigerung der Ausgaben deren 
Nichtleistung an sich zur Folge haben, noch in dem Sinne, daß 
diese Verweigerung imstande sein sollte, die rechtlich bestehen- 
den Verpflichtungen des Staates aufzuheben, wohl aber in dem 
Sinne, daß das am Ruder befindliche Ministerium sie nicht 
sollte leisten dürfen« (S. 560). 
Eine Unterscheidung zwischen den auf Gesetz beruhenden und anderen 
Ausgaben bestehe in dieser Beziehung nicht (S. 561). Dritten Personen 
gegenüber sei es freilich gleichgültig, ob die Regierung befugterweise 
oder eigenmächtig Zahlungen geleistet oder Verpflichtungen für den 
Staat übernommen habe (S. 563 fg... Mit dem preußischen Recht 
stimme das Budgetrecht des Deutschen Reiches überein (S. 567). 
(1886) S. 114 ff. dargestellt und in seinem Kommentar zur Reichsverfassung (1895), 
S. 272 ff. wiederholt worden. Vgl. jetzt die 5. Aufl. S. 328 ff. 
1) Arndt wiederholt diesen Satz, namentlich im Staatsrecht des Deutschen 
Reichs, unzählige Male und konstatiert daselbst S. 329, Note 1, daß er in der Theorie 
von ihm zuerst aufgestellt worden sei. Meines Wissens ist dieser Satz stets als 
selbstverständlich angesehen und eine entgegengesetzte Ansicht niemals in der 
Theorie vertreten worden. Wenn aber Arndt darauf Wert legt, daß er zuerst eine 
offene Türe eingestoßen habe, so soll ihm dieser Ruhm nicht mißgönnt werden. 
2) Daß diese Anschauung den rechtlichen Charakter des Budgetgesetzes nicht 
richtig würdigt, ist bereits oben S. 540, Note 1 gezeigt worden.
	        
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