Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

Nachträge. I. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. 601 
Nachträge. 
I. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913 *). 
Die Bestimmungen des Reichsgesetzes über die Erwerbung und 
den Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 
haben sich teils als ungenügend teils als unzweckmäßig erwiesen !); 
auch hat die an manchen Stellen unklare oder verfehlte Fassung in 
der praktischen Handhabung Zweifel und Streitfragen hervorgerufen. 
Das Gesetz war daher der Gegenstand vielfacher Angriffe; im Reichs- 
tage wurden von Abgeordneten fast aller Parteien wiederholt Abände- 
rungen des Gesetzes befürwortet oder gefordert, denen der Reichstag 
durch Resolutionen zustimmte ?). Die Feststellung des Entwurfs eines 
neuen Gesetzes bot aber wegen der zahlreichen dabei zu berücksichti- 
genden, vielfach miteinander kollidierenden Interessen nicht geringe 
Schwierigkeiten und erst in der Session des Reichstags von 1912 konnte 
dem Reichstage ein solcher Entwurf vorgelegt werden, welcher mit 
mehrfachen, nicht unerheblichen Abänderungen angenommen wurde. 
Das auf Grund dieses Entwurfs zustandegekommene Gesetz ist unter der 
Bezeichnung »Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz< 
am 22. Juli 1913 im Reichsgesetzbl. S. 583 verkündigt worden ’°). Es ist 
am 1. Januar 1914 in Kraft getreten, gleichzeitig mit dem Gesetz zur 
Abänderung des Reichsmilitärgesetzes und des Gesetzes vom 11. Februar 
1858 vom gleichen Tage (Reichsgesetzbl. S. 593), dessen Anordnungen 
mit Vorschriften des Staatsangehörigkeitsgesetzes in engem Zusammen- 
hang stehen. Siehe oben $ 106. Der vor dem 1. Januar 1914 einge- 
tretene Erwerb oder Verlust. der Staats- und Reichsangehörigkeit ist 
hinsichtlich der Voraussetzungen und Wirkungen nach dem Gesetz 
vom 1. Juli 1870 zu beurteilen *); doch ist der Wiedererwerb sehr er- 
leichtert worden. 
*, Literatur. Kommentare zum Gesetz sind erschienen von Delius, Mannh. 
1913, Romen, Berl. 1913, Weck, Berl. 1913, Th. Meyer, 2. Aufl, Berl. 1914, 
W.Junck, Leipz. 1914, Cahn, Berl. 1914 (als 4. Aufl. seines Kommentars zum 
Ges. v. 1. Juli 1870), vv. Welser, München 1914, Keller und Trautmann, 
München 1914 (848 S.) Siehe ferner die Darstellung von Piloty in der Bearbeitung 
von Seydels Bayr. Staatsrecht Bd. I, S. 83 ff. Paul Lenel in der Zeitschr. für 
badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege 1913, Nr. 24—26. Anschützin 
G. Meyers Staatsrecht, 7. Aufl. 18 75ff. Manfredi Siotto-Pintör in der Rivista di 
Diritto Internazionale, Vol. II, Fascic. 2 und 3. Eine kurze Uebersicht der Abände- 
rungen des bisherigen Rechts durch das Staatsangehörigkeitsgesetz gibt O. Nelte im 
Arch. d. öffentl. Rechts Bd. 32, S. 22 fg. 
1) Eine Zusammenstellung der Mängel des Gesetzes gibt Siotto-Pintör a.a. O, 
S. 21 ff. 
2) Eine Zusammenstellung enthält die Begründung des Entwurfs desneuen Gesetzes. 
3) Entwurf mit Motiven, Drucksachen des Reichstags von 1912 Nr. 6. Kommis- 
sionsbericht daselbst Nr. 962. Zusammenstellung der Beschlüsse des Reichstags da- 
selbst Nr. 1144. Verhandlungen des Reichstags, Stenogr. Berichte 1912/13 S. 248 ff; 
5269 ff.; 5760 ff. 4) Piloty S. 89. 
  
 
	        
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