608 Nachträge. I. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.
dem anderen Bundesstaate. Der Entlassene kann sich aber die Staats-
angehörigkeit in einem andern Bundesstaate vorbehalten!) durch eine
Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde des entlassenden Staates.
Der Vorbehalt muß in der Entlassungsurkunde vermerkt werden. 820.
Hierdurch wird, wenngleich nicht vollkommen, dem Uebelstand vor-
gebeugt, daß jemand, welcher in mehreren Bundesstaaten staatsange-
hörig ist, die Reichsangehörigkeit nur aufgeben kann, wenn er sich in
allen diesen Staaten die Entlassung erteilen läßt. Je nachdem der Vor-
behalt gemacht wird oder nicht ist zu unterscheiden, ob im Falle der
Entlassung aus einem Bundesstaate die Reichsangehörigkeit fort-
dauert oder erlischt. Im ersten Falle m uß die Entlassung jedem
Staatsangehörigen auf seinen Antrag erteilt werden, $ 21; in dem an-
dern Falle darf die Entlassung Personen nicht erteilt werden, welche
sich dadurch der aktiven Militärdienstpflicht entziehen wollen. $ 22,
Abs. 1°). Die Personenklassen, auf welche dieses Entlassungsverbot
zutrifft, sind oben Bd. IV, S. 138 fg. aufgeführt worden. Aus anderen
Gründen darf in Friedenszeiten die Entlassung nicht versagt werden.
8 22, Abs. 2°). Die Entlassung ohne den Vorbehalt der Staatsangehörig-
keit in einem deutschen Bundesstaat gilt aber als nicht erfolgt‘), wenn
der Entlassene beim Ablauf eines Jahres nach der Aushändigung der
Entlassungsurkunde’) seinen Wohnsitz oder seinen dauernden Aufent-
halt im Inland °) hat. 8 24, Abs. 1.
4. Durch den Erwerb einer ausländischen Staatsan-
gehörigkeit verliert ein Deutscher seine Staatsangehörigkeit’) unter
folgenden Voraussetzungen ($& 25):
a) Er darf im Inland weder seinen Wohnsitz noch seinen dauern-
den Aufenthalt haben.
1) Vorbehalten kann man sich nur eine Staatsangehörigkeit, die man bereits be-
sitzt; zum Erwerbe der Staatsangehörigkeit in einem anderen Bundesstaat ist die
Aufnahme, also die bereits erfolgte Niederlassung in dem Gebiete desselben erforder-
lich. Die unmittelbare Reichsangehörigkeit kann man sich nicht vorbehalten.
2) Während früher aber ein Zeugnis der Ersatzkommission genügte, daß die Ent-
lassung nicht bloß in der Absicht, sich dem Militärdienst zu entziehen, nachge-
sucht wurde, muß das Zeugnis jetzt dahin lauten, daß nach Ueberzeugung der Kom-
mission die Entlassung nicht in der Absicht nachgesucht wird, die Erfüllung der
aktiven Dienstpflicht zu umgehen. Siehe die Begründung S. 27.
3) Für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr bleibt dem Kaiser der
Erlaß besonderer Anordnungen vorbehalten.
4) Die Entlassung ist von Anfang an unwirksam gewesen; es bedarf daher keiner
Unwirksamkeitserklärung und die staatsbürgerlichen Pflichten, z. B. Entrichtung einer
Einkommensteuer, müssen auch für die Zwischenzeit erfüllt werden.
5b) Es kommt nur auf diesen Zeitpunkt an; wo der Entlassene in der Zwischen-
zeit seinen Wohnsitz oder Aufenthalt gehabt hat, ist gleichgültig.
6) Also im Gebiet irgend eines Bundesstaats oder in einem Schutzgebiet. Die
Ausbürgerung aus dem Reich soll nur eintreten, wenn eine effektive Auswanderung
aus dem Reichsgebiet mit Einschluß der Schutzgebiete sich mit ihr verbindet.
7) Wenn er in mehreren Bundesstaaten staatsangehörig ist, in allen; ebenso die
unmittelbare Reichsangehörigkeit.