Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

610 Nachträge. 1. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913. 
Anhörung der Militärbehörde eingebürgert werden '!); weist er aber 
nach, daß ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt?), so darf ihm die 
Einbürgerung von dem Bundesstaate, dem er früher angehörte, nicht 
versagt werden. $ 26, Abs. 3°). Der Nachweis, daß kein Verschulden 
vorliegt, braucht nicht durch gerichtliches Urteil erbracht zu werden; 
er ist der Verwaltungsbehörde zu führen, an welche der Antrag auf 
Einbürgerung gerichtet wird und gegen ihre Entscheidung ist der Re- 
kurs zulässig. 8 40, Abs. 1. 
6. Aberkennung. Die beiden Fälle, in denen ein Deutscher 
durch Beschluß der Zentralbehörde seines Heimatstaates seiner Staats- 
angehörigkeit nach $ 20 und 8 22 des Gesetzes von 1870 verlustig er- 
klärt werden kann, sind mit Verbesserung der Fassung in das Staats- 
angehörigkeitsgesetz 88 27 und 28 übergegangen‘). Es ist dabei aus- 
drücklich erklärt worden, was bei richtiger Auslegung des alten Gesetzes 
bereits anzunehmen war, daß bei mehrfacher Staatsangehörigkeit die 
Aberkennung den Verlust derselben in allen Bundesstaaten zur Folge 
hat. Der Verlust erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf die- 
jenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Ausgeschiedenen kraft 
elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die Ehefrau oder die Kinder 
mit ihm in häuslicher Gemeinschaft befinden. Ausgenommen sind 
Töchter, die verheiratet sind oder verheiratet gewesen sind. 8& 29°). 
Il. Die unmittelbare Reichsangehörigkeit. 
1. Mit Ausnahme des im 8 13 (26, Abs. 3) vorgesehenen Falles setzt 
der Erwerb der Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat die Nieder- 
lassung im Gebiet dieses Bundesstaates voraus. Die 
Niederlassung eines Ausländers in einem Schutzgebiet und selbst der 
dienstliche Wohnsitz eines im Reichsdienst (Schutzgebietsdienst) an- 
gestellten ‘Ausländers genügt dazu nicht. Wenn daher die Reichs- 
angehörigkeit nur mittelbar durch die Staatsangehörigkeit erworben 
  
1) Die Militärbehörde hat kein Widerspruchsrecht gegen die Einbürgerung; 
sie ist nur in der Lage, die gegen die Einbürgerung sprechenden Gründe und mili- 
tärischen Interessen darzulegen; dies wird aber zur Verhinderung der Einbürgerung 
genügen. 
2) Dies wird namentlich auf die Ehefrau und Kinder anwendbar sein, auf welche 
sich der Verlust der Staatsangehörigkeit nach & 29 des Staatsangehörigkeitsgesetzes 
erstreckt; aber auch der Militärpflichtige selbst kann schuldlos sein, z. B. wenn er 
gewaltsam in die französische Fremdenlegion verschleppt worden ist oder in ähn- 
lichen Fällen. Siehe Begründung S. 80 a. E. Kommissionsbericht S. 59. 
8) In diesem Falle ist ausnahmsweise Niederlassung im Inlande nicht erforder- 
lich; auch hat der Reichskanzler kein Widerspruchsrecht. Vgl. $ 13 des Gesetzes. 
4) Siehe Bd. I S. 147 ff. 181. 
5) Die Härte, welche diese Bestimmung für die schuldlosen Familienangehörigen 
des Ausgeschiedenen haben könnte (siehe Lenel S. 13), sind durch die Vorschriften 
über die Wiederverleihung der Staatsangehörigkeit, die ihnen nicht versagt werden 
darf, ausgeglichen. Ein in der Reichstagskommission gestellter Antrag auf Streichung 
der Bestimmung wurde abgelehnt.
	        
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