Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

58 8 99. Die Militärhoheitsrechte der Einzelstaaten. 
auch im Frieden dem Öberbefehl des Kaisers in dem oben dargeleg- 
ten Umfange unterworfen ist. Die für das Reichsheer aufgestellten 
Vorschriften dienen für die Verwaltung des württembergischen Armee- 
korps nicht nur »im allgemeinen zur Richtschnur« — wie für die 
bayerische Armee —, sondern sie müssen »volle Erfüllung« finden '). 
Dadurch ist die tatsächliche Möglichkeit, an den Ausgaben für das 
Kontingent Ersparungen zu machen, eine sehr beschränkte. 
4. Endlich sind auch die Naturalleistungen für das Heer und die 
Marine im Krieg und Frieden, sowie die Beschränkungen des Grund- 
eigentums in den Umgebungen der Festungen für das ganze Reichs- 
gebiet gleichmäßig normiert. Vgl. unten $ 110 fi. 
8 99. Die Militärhoheitsrechte der Einzelstaaten. 
Der Satz, welcher das Kompetenzverhältnis zwischen Reich und 
Einzelstaaten im allgemeinen charakterisiert, nämlich daß die letzte- 
ren alle diejenigen Hoheitsrechte behalten haben, welche ihnen nicht 
durch die Reichsverfassung oder durch Reichsgesetze entzogen wWor- 
den sind, gilt auch hinsichtlich des Heerwesens. Die Bestimmungen 
der Reichsverfassung beruhen in letzter Linie auf dem Art. 9 des preu- 
Bischen Entwurfs zur Bundesreform vom 10. Juni 1866, mit welchem 
sie zum Teil wörtlich übereinstimmen ?. Den. Ausgangspunkt bildet 
daher das Prinzip, daß jeder Staat seine eigenen Truppen und die 
Militärhoheit hat, und daß die letztere nur so weit beschränkt werden 
sollte, als es notwendig schien, um die Einheitlichkeit des aus diesen 
Landestruppen zusammengesetzten Bundesheeres zu sichern. (Siehe 
oben S. 4 fl.) 
Die Reichsverfassung bezeichnet die Truppen der Bundesstaaten 
als die »Kontingente« des Reichsheeres (Art. 63, 64, 66). Diese 
Bezeichnung ist nicht neu erfunden worden; sie war bereits im alten 
Deutschen Reiche und im Deutschen Bunde die übliche. Aber sie 
hat in einer Beziehung ihren Sinn geändert. Das Kontingent der 
Reichsstände und der Mitglieder des Deutschen Bundes war nicht 
identisch mit der Gesamtheit ihrer Truppen, sondern war die- 
jenige Masse von militärischen Streitkräften, welche sie zur Zusam- 
mensetzung des Reichsheeres und Bundesheeres zu stellen ver- 
pflichtet waren. Das preußische Bundeskontingent war nur ein ver- 
hältnismäßig kleiner Teil der preußischen Armee. Da aber nach der 
Reichsverfassung die Kosten und Lasten des gesamten Kriegswe- 
sens von allen Bundesstaaten gleichmäßig zu tragen sind, die ge- 
1) Insbesondere darf die württembergische Regierung nicht durch Herabsetzung 
der Präsenzstärke des Armeekorps Ersparnisse machen. Vgl. über die Bedeutung 
dieses württemb. Rechts Jehle im Arch. f. öffentl. R., Bd. 17, S. 267 ff. 
2) HänelS. 487 bemüht sich vergeblich, im Interesse seiner Theorie diesen 
Zusammenhang abzuleugnen und für die nordd. Verfassung „eine vollkommen andere 
Grundlage“ zu fingieren. Vgl. gegen Hänel jetzt auch Gümbela.a. O.S. 144 fg.
	        
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