Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

$ 99. Die Militärhoheitsrechte der Einzelstaaten. 69 
Für die Herstellung übereinstimmender Verwaltungsnormen und 
zur Ausgleichung hervorgetretener Verschiedenheiten oder Mängel 
besteht beim Bundesrat der Ausschuß für das Landheer und die 
Festungen, in welchem alle vier Staaten mit eigner Kontingentsverwal- 
tung vertreten sind '. Diesem Ausschuß liegt verfassungsmäßig die 
Vermittlung der dienstlichen Beziehungen zwischen der preußischen 
Kontingentsverwaltung und den übrigen Kontingentsverwaltungen ob. 
Diejenigen Geschäfte, welche ihrer Natur nach einheitlich für 
die ganze deutsche Armee oder wenigstens für die ganze Armee mit 
Ausnahme des bayerischen Kontingents erledigt werden müssen, 
werden von den betreffenden Zentralstellen der preußischen Kontiin- 
gentsverwaltung, insbesondere vom preußischen Kriegsministerium 
und dem Generalstabe der Armee wahrgenommen. Eine Teilnahme 
an den gemeinschaftlichen Heereseinrichtungen, namentlich an den 
höheren Militärbildungsanstalten, Prüfungskommissionen, den militär- 
wissenschaftlichen und technischen Instituten usw. hat Preußen durch 
die Militärkonventionen nicht nur den in die preußische Verwaltung 
aufgenommenen Kontingenten, sondern auch Sachsen und Württem- 
berg zugesichert’). 
Die finanzielle Seite der Militärverwaltung wird durch das oben 
(S. 56 fg.) bereits erörterte Prinzip beherrscht. Ueber die Frage, ob 
der Militärfiskus Reichsfiskus oder Landesfiskus ist, vgl. unten & 114. 
II. Dieterritorialen Militärhoheitsrechte. 
Den Bundesfürsten und Senaten sind im Art. 66 der Reichs- 
verfassung und in den Militärkonventionen gewisse Rechte hinsicht- 
lich »aller ihren Gebieten angehörenden Truppenteile« einge- 
räumt. Voraussetzung dieser Rechte ist demnach nicht die Zugehörig- 
keit der Truppen zum Kontingent, sondern die Zugehörigkeit zum 
Gebiet. Diese Rechte kommen daher auch denjenigen Landesherren 
und Senaten zu, welche gar keine eigenen Kontingente haben, und 
jeder Landesherr hat diese Rechte hinsichtlich derjenigen Truppen- 
teile, welche in seinem Gebiete dauernd oder vorübergehend sich be- 
finden, wenngleich sie einem fremden Kontingente angehören. 
Die unter diese Kategorie fallenden Rechte sind 
1. Ehrenrechte und zwar folgende: 
a) Den Bundesfürsten und den Mitgliedern ihrer Familien sind 
diejenigen militärischen Ehrenbezeigungen zu erweisen, 
der preußische Kriegsminister zum Ressortstellvertreter des Reichskanzlers 
ernannt werden, was auch noch niemals geschehen ist. Es ist dies ein neuer Be- 
weis, daß man an den maßgebenden Stellen die Theorie von der eigenen Militärverwal- 
tung des Reichs nicht teilt. 
1) Reichsverfassung Art. 8. Vgl. Bd. 1, S. 289. 
2) Sächsische Militärkonvention Art. 3. Württembergische Art. 12. 
Für Bayern vgl. Schlußprotokoll vom 23. November 1870, 8 4, Abs. 2.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.