S 100. Die Festungen und Kriegshäfen. 81
gen sind, auch hinsichtlich der Festungen Anwendung und zwar auch
auf Bayern. Soweit diese Kosten aus dem regelmäßigen Etat der
Militärverwaltung zu bestreiten sind, nimmt Bayern im Verhältnis der
Kopfstärke seines Kontingents daran teil, da sich der für das baye-
rische Kriegswesen zu verwendende, in einer Summe auszuwerfende
Betrag darnach berechnet; und nur in der Verausgabung dieser
Summe ist Bayern selbständig. Aber auch an den Kosten für die
Herstellung und Ausrüstung neuer Befestigungsanlagen, mögen die-
selben nun auf bayerischem Staatsgebiete oder auf einem anderen
Teile des Bundesgebietes errichtet werden, beteiligt sich Bayern in
dem seiner Bevölkerungszahl entsprechenden Verhältnisse!). Dieser
Grundsatz ist auch in den Reichsgesetzen vom 8. Juli 1872 (Reichs-
gesetzbl. S. 289) und vom 30. Mai 1873 (Reichsgesetzbl. S. 123) tat-
sächlich befolgt worden, ebenso in den Ansätzen des Reichshaushalts-
Etats ?).
5. Besondere etwas komplizierte Rechtsverhältnisse bestehen hin-
sichtlich der Festung Ulm, welche teils auf bayerischem, teils auf
württembergischem Gebiet liegt, dabei aber für das Verteidigungssy-
stem Gesamtdeutschlands von so hervorragender Bedeutung ist, daß die
bayerischen und württembergischen Sonderrechte hier nicht uneinge-
schränkte Geltung finden können. Diese Verhältnisse sind geregelt in
der Vereinbarung zwischen Preußen, Bayern und
Württemberg von Ulm den 16. Juni 1874, zu welcher
noch ein Separatprotokoll vom gleichen Tage zwischen Preußen und
Bayern und ein Separatprotokoll zwischen Preußen und Württem-
berg hinzugefügt sind ?). Den Hauptgrundsatz enthält der Art. I, wel-
cher die Festung Ulm beider Ufer für einen einheitlichen
Waffenplatz unter einheitlichem Kommando und ein-
heitlicher Verwaltung durch Organe des Deutschen Reichs
erklärt *).. Der Kaiser ernennt den Gouverneur und den Komman-
danten nebst dem dazu gehörigen Stabe ’’); die Territorialstaaten stel-
len nach Maßgabe des Etats das übrige Personal. Alle diese im Reichs-
dienste verwendeten Offiziere, Aerzte und Beamten werden für den
Kaiser verpflichtet. Für die dienstlichen Verhältnisse sind die preu-
Bischen Dienstvorschriften maßgebend; ebenso für das Verhältnis des
1) Vertrag vom 23. November 1870, III, $ 5, Ziff. V, Abs. 2.
2) Die Bemerkungen Blankenburgs in Holtzendorffs Jahrbuch I, S. 392
(reproduziert bei v. Rönne II, S. 124) über eine finanzielle Bevorzugung Bayerns
beruhen auf Irrtum. Richtig Thudichum in Holtzendorffs Jahrbuch II, S. 113,
und Seydelin Hirths Annalen 1875, S. 1403.
3) Sämtliche Protokolle sind gedruckt in den „Militärgesetzen des Deutschen
Reiches“ I, S. 175 ff.
4) Vorbehaltlich der Territorialhoheit und der bestehenden Eigentumsverhält-
nisse.
5) Bestehend aus dem Artillerieoffizier und dem Ingenieur vom Platz, den Platz-
majoren für jedes der beiden Ufer und dem Gouvernementsadjutanten.