Full text: Das Kaisertum in den Verfassungen des Deutschen Reiches vom 28. März 1849 und vom 16. April 1871.

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für die geltende Reichsverfassung folgt die Sakro- 
sanktität des Kaisers, wie allgemein anerkannt ist, 
aus der Eigenschaft der gleichen Persönlichkeit als 
König von Preussen, d. h. als Mitträger der Reichs- 
souveränität. Zweifellos ist nun die Unverantworlich- 
keit und Unverletzlichkeit etwas, was einem Träger 
monarchischer Staatsgewalt nicht fehlen darf. Denn 
nähme man der Person des Monarchen diese Eigen- 
schaft, so würde der „Monarch“ damit zugleich der 
Gewalt eines oder mehrerer anderer Mitglieder des 
staatlichen Personenverbandes unterworfen werden; 
das aber würde natürlich die Ein- und Alleinherr- 
schaft begrifflich unbedingt vernichten. Indessen 
ebenso zweifellos gibt umgekehrt die rechtliche Un- 
verantwortlichkeit und Unverletzlichkeit der mensch- 
lichen Persönlichkeit noch nicht die Eigenschaft als 
Monarch. Aus der Sakrosanktität des Kaisers können 
also für die prinzipielle Rechtsstellung desselben nach 
den beiden Verfassungen keine entscheidenden Folge- 
rungen gezogen werden. 
Gemäss $ 190 der Frankfurter Verfassung hat 
der Kaiser — im Gegensatz zur geltenden Reichs- 
  
  
des Kaisers zu behaupten. Indessen, wenn auch gemäss dieser 
Bestimmung der Verfassung Massregeln der kaiserlichen Re- 
gierungsgewalt durch das Reichsgericht rektifiziert werden 
können, so kann doch der Kaiser niemals wegen solcher Mass- 
regeln wirklich zur „Verantwortung* gezogen werden. Denn 
wenn er den Entscheidungen des Reichsgerichts nicht nach- 
käme, d.h. seine durch das Reichsgericht für unzulässig er- 
klärten Anordnungen trotzdem durchführte, so wäre das zwar 
verfassungswidrig, aber im Rahmen der Verfassung wäre auch 
in diesem Falle kein Organ des Reichs vorhanden, das gegen 
ihn einzuschreiten berechtigt wäre und ihn „verantwortlich“ zu 
machen hätte. Das Urteil des Reichsgerichts würde daher nur 
eine sittliche Verantwortlichkeit des Kaisers mit Rücksicht 
auf den von ihm geleisteten Verfassungseid begründen können,
	        
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