108 I. Von den Organen des deutschen Reiches.
stehende Geschäftsleitung der Bank wird vom Reichskanzler und
unter diesem vom Bankdirektorium ausgeübt, letzteres ist die
verwaltende und ausführende, sowie die Reichsbank nach aussen
hin vertretende Behörde. Es besteht aus einem Präsidenten und der
erforderlichen Anzahl von Mitgliedern und fasst seine Beschlüsse
nach Stimmenmehrheit, hat jedoch bei seiner Verwaltung überall
den Vorschriften und Weisungen des Reichskanzlers zu gehorchen.
Präsident und Mitglieder des Direktoriums werden auf Vorschlag
des Bundesrathes vom Kaiser ernannt. Das Bankdirektorium hand-
habt nicht staatliche Hoheitsrechte, sondern verwaltet privatrecht-
liche Angelegenheiten, die Mitglieder desselben sind daher nicht
Träger einer staatlichen Amtsgewalt, sondern Beamte einer vom Fis-
kus zu unterscheidenden juristischen Person, denen aber gesetzlich
alle Rechte von Reichsbeamten beigelegt sind. Von dem Bank-
direktorium ressortiren die Zweigniederlassungen der Bank, welche
in drei Klassen zerfallen: die Reichsbankhauptstellen, die Reichs-
bankstellen, die Reichsbankkommanditen oder Agenturen.
III. Selbständige Finanzbehörden des Reiches.
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A) Der Rechnungshof des deutschen Reiches.
In allen Staaten bedeutet die Errichtung einer unabhängigen
Behörde, welche die gesammte Staatsverwaltung vom finanziellen
Gesichtspunkte aus kontrollirt, einen bedeutsamen Fortschritt
in der staatlichen Organisation. Schon seit den Zeiten König
Friedrich Wilhelms I. hat in Preussen die General-, später Ober-
rechnungskammer einen maassgebenden Einfluss auf die muster-
hafte Ordnung des preussischen Staatshaushalts geübt (H. Schulze,
Preussisches Staatsrecht B.IS. 301. B. II S. 498 £.). Als der nord-
deutsche Bund errichtet wurde, fehlte es demselben an einer solchen
finanziellen Kontrollbehörde, während das Bedürfniss, eine solche
zu besitzen, ebenso entschieden vorlag, wie in jedem geordneten
Einzelstaate. Durch Gesetz vom 4. Juli 1868 (Gesetzblatt S. 433)
wurde deshalb die Kontrolle der Finanzverwaltung des norddeut-
schen Bundes für die Jahre 1867—69 der preussischen Oberrech-
nungskammer unter dem Namen »Rechnungshof des deut-
schen Reiches« übertragen. Zu diesem Zwecke soll die Ober-
rechnungskammer, nach näherer Bestimmung des Wundesrathes,
eine Vermehrung ihrer Mitglieder erfahren, welche vom Bundes-