4. Behördenorganismus des Reiches. 111
IV. BRichterliohe Behörden des Reiches.
6 282.
1) Ordentliche Gerichte.
a) Die ordentliche Gerichtsbarkeit in Civil- und Kriminal-
sachen steht regelmässig den Landesgerichten zu. Nur in höchster
Instanz übt das Reich durch das Reichsgericht auf diesem Gebiete
Gerichtsbarkeit aus. Das Reichsgericht ist aus dem ehemaligen
Reichsoberhandelsgericht hervorgegangen. Durch das Reichsge-
richtsverfassungsgesetz $$ 125— 141 hat es seine Organisation er-
halten. (Das Nähere unter dem Kapitel Justiz.)
b) Unmittelbare Reichsgerichtsbehörden sind auch die Kon-
suln und Konsulargerichte in denjenigen Ländern, in welchen
dem deutschen Reiche durch völkerrechtliche Verträge eine Ge-
richtsbarkeit über seine Angehörigen eingeräumt ist, welche sich
sowohl auf bürgerliche, wie auf peinliche Sachen erstreckt. (Das
Nähere unter dem Konsularrecht des deutschen Reiches.)
$ 283.
2) Disciplinargerichte des Reiches.
Die Grundzüge der Disciplinargerichtsbarkeit sind im Landes-
staatsrecht genügend dargelegt (S. 329 ff.); dieselben gelten auch
für das Reichsstaatsrecht. Da das Reich seinen eigenen Reichsbe-
amtenstand besitzt, so bedarf es auch eigener Disciplinargerichte,
um die Ordnung und Reinheit desselben aufrecht zu erhalten. Zur
Ausübung der Disciplinargerichtsbarkeit ist das Reichsgebiet in
Bezirke getheilt, für deren jeden eine Disciplinarkammer be-
steht, welche für die unmittelbaren Reichsbeamten zuständig sind.
Dieselben sind keine ständigen Behörden, sondern treten nur im
Bedürfnissfalle zusammen. Die Mitglieder werden vom Bundesrathe
gewählt, vom Kaiser ernannt. Jede Kammer besteht aus dem Prüsi-
denten und sechs Mitgliedern. Der Präsident und wenigstens drei
andere Mitglieder müssen in einer richterlichen Stellung in einem
Bundesstaate sein. Die mündliche Verhandlung und Entscheidung
in den einzelnen Disciplinarfällen erfolgt durch fünf Mitglieder.
Der Rekurs von den Disciplinarkammern geht an den Discipli-
narhof, welcher aus It Mitgliedern besteht, von denen der Präsi-
dent und fünf Mitglieder dem Reichsgerichte, vier dem Bundesrathe
angehören müssen.
Ausserdem ist das Bundesamt für das Heimathswesen Discipli-