Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

112 I. Von den Organen des deutschen Reiches. 
narinstanz für seine Mitglieder, das Reichsgericht für seine Mitglie- 
der sowie für die bei ihm angestellten Rechtsanwälte, ebenso der 
Rechnungshof für seine Mitglieder. 
$ 284. 
3) Reichsverwaitungsgerichte. 
Auch im deutschen Reiche hat sich eine Anzahl verwaltungs- 
gerichtlicher Behörden gebildet, welche in einzelnen Fällen über die 
Anwendung und Auslegung von Verwaltungsgesetzen lediglich nach 
ihrer juristischen Ueberzeugung und nach der sachlichen Würdi- 
gung des einzelnen Falles zu entscheiden haben, ohne dass sie bei 
ihren Entscheidungen irgendwie von der Weisung vorgesetzter Be- 
hörden abhängig sind ; als Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes sind 
sie vielmehr nur an die Gesetze und die den Gesetzen gleichstehen- 
den objektiven Rechtenormen gebunden. Für die Entscheidungen 
derselben fällt ebenso wie für die der ordentlichen Gerichte jede 
Verantwortlichkeit vorgesetzten Behörden gegenüber hinweg. Das 
deutsche Reich besitzt keinen Verwaltungsgerichtshof von genereller 
Zuständigkeit, sondern die Verwaltungsgerichtebarkeit für einzelne 
Verwaltungszweige wird durch fora specialia gehandhabt. Als solche 
erscheinen: 
a) Das Bundesamt für das Heimathswesen, errichtet 
durch das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 
1870 $ 42 ff. (Gesetzblatt S. 368). Dasselbe ist eine ständige Be- 
hörde, sie besteht aus einem Vorsitzenden und mindestens vier Mit- 
gliedern; der Vorsitzende sowohl als auch mindestens die Hälfte 
der Mitglieder muss die Qualifikation zum Richteramte besitzen. 
Der Vorsitzende und die Mitglieder werden auf Vorschlag des 
Bundesrathes vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt und sind den 
Mitgliedern des Reichsgerichtes in ihrer persönlichen Rechts- 
stellung gleichgestellt. Das Bundesamt für das Heimathewesen 
fungirt für das gesammte Reichsgebiet, mit Ausnahme von Bayern 
und Elsass - Lothringen, ale endgültig entscheidende Berufsin- 
stanz in Streitigkeiten zwischen verschiedenen Armenverbänden 
über die öffentliche Unterstützung Hilfsbedürftiger, insofern die 
streitenden Armenverbände verschiedenen Bundes- 
staaten angehören und nicht die Organisation oder örtliche 
Abgrenzung der Armenverbände Gegenstand des Streites ist. Durch 
die Landesgesetzgebung ist dieser Behörde die endgültige Entschei-
	        
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