Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

11% L Von den Organen des deutschen Reiches. 
Vorsitzenden, wie auch dessen aus der Zahl der Mitglieder zu ent- 
nehmenden Stellvertreter ernennt der Kaiser. Die Mitglieder wählt 
der Bundesrath und zwar vier aus seiner Mitte und fünf aus den 
Mitgliedern der höchsten Gerichte des Reiches oder der einzelnen 
Bundesstaaten. 
d’ Auch das Reichspatentamt trifft nach dem Gesetze vom 
25. Mai 1877 gewisse verwaltungsgerichtliche Entscheidungen. Das 
Patentamt besteht aus sieben Abtheilungen, hiervon sind zuständig 
Abtheilung 1—7 für die Beschlussfassung über Patentgesuche, Ab- 
theilung 7 für die Beschlussfassung und Entscheidung in dem Ver- 
fahren wegen Erklärung der Nichtigkeit und wegen Zurücknahme 
ertheilter Patente. Die Entscheidungen der siebenten Abthei- 
lung haben einen verwaltungsgerichtlichen Charakter; dieselben 
erfolgen in der Besetzung von zwei Mitgliedern einschliesslich des 
Vorsitzenden, welche die Befähigung zum Richteramte oder zum 
höheren Verwaltungsdienste haben müssen, und drei sonstigen Mit- 
gliedern. Die Bestimmungen der Civilprozessordnung über die 
Ablehnung und den Ausschluss von Gerichtspersonen finden dabei 
entsprechende Anwendung. 
e; Das Reichsoberseeamt. Zur Entscheidung der Schuld- 
frage bei Seeunfällen sind durch das Gesetz vom 27. Juli 1877 See- 
ümter eingesetzt, gegen deren Entscheidungen Rekurs au eine 
Revisionsbehörde, das Oberseeamt zu Berlin, offen steht. Das 
Oberseeamt entscheidet bei Beschwerden gegen die Sprüche der in 
den Bundesstaaten errichteten Seeämter darüber, ob einem See- 
schiffer, Seesteuermanne oder Maschinisten eines Seedampfschiffs 
die Befugniss zur Ausübung seines Gewerbes zu entziehen ist. Das 
Oberseeamt bildet eine kollegialische Behörde und besteht aus einem 
Vorsitzenden und sechs Mitgliedern, von letzteren müssen wenig- 
stens drei Schiffahrtskundige sein. Der Vorsitzende und ein schiff- 
fahrtskundiger Reisitzer werden vom Kaiser ernannt; ausserdem 
präsentiren die Seeuferstaaten auf drei Jahre je drei sachkundige 
Personen, aus welchen der Vorsitzende für den einzelnen Fall fünf 
Mitglieder einberuft. Nur das Oberseenmt ist Reichsbehörde, die 
Seeämter sind Behörden der Finzelstaaten, doch sind die bei den 
einzelnen Reichsämtern vom Reichskanzler ernannten Reichskom- 
missare befugt, den Verhandlungen des Seeamtes beizuwohnen, 
Einsicht in die Akten zu nehmen, Anträge zu stellen und, falls der 
Vorsitzende die Einleitung einer Untersuchung verweigert, bei dem 
Reichskanzler die Anordnung einer Untersuchung zu beantragen.
	        
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