146 U. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
(Neueste Matrikel vom 26. Januar 1560). Nach Artikel 52 der Wie-
ner Schlussakte hat die Bundesversammlung: »1) den Betrag der
gewöhnlichen verfassungsmässigen Ausgaben, soweit solches im
Allgemeinen geschehen kann, festzusetzen; 2) in vorkommenden
Fällen die zur Ausführung besonderer, in Hinsicht auf anerkannte
Buudeszwecke gefasster Beschlüsse erforderlichen ausserordent-
lichen Ausgaben und dje zur Bestreitung derselben zu leistenden
Beiträge zu bestimmen; 3) das matrikularmässige Verhältniss, nach
welchem von deu Mitgliedern des Bundes beizutragen ist, festzu-
setzen; 4) die Erhebung, Verwendung und Verrechnung der Bei-
trüge anzuordnen und darüber die Aufsicht zu führen«.
Zur Aufnahme, Verwaltung und instruktionsmässigen Veraus-
gabung der Geldbeiträge der Bundesglieder bestanden zwei ver-
schiedene Bundeskassen unter unmittelbarer Aufsicht der Bundes-
versammlung, die Bundeskanzleikasse und dieBundesma-
trikularkasse; aus ersterer wurden die Kosten der Bundeskanzlei
bestritten, aus letzterer alle anderen vom Bunde zu leistenden Aus-
gaben. Zu ersterer trug jede Stimme des engeren Rathes im Be-
dürfnissfalle 2000 Gulden bei, zu letzterer trugen sämmtliche Bun-
desglieder, nach der Bevölkerungszahl ihres Landes und der darnach
bestimmten Matrikel bei, darum Matrikularbeiträge (Sımplum
von 30,000 Gulden‘. Die Institution der Matrikularbeiträge ist aus
dem Finanzrechte des deutschen Bundes in das heutige Reichsrecht
übergegangen, obgleich sie hier staatsrechtlich einen ganz anderen
Charakter angenommen hat.
Noch enger hängt das Finanzrecht des deutschen Reiches mit
den Einrichtungen des ehemaligen Zollvereins zusammen. Wäh-
rend es dem Bundesrechte die Matrikularbeiträge entlehnt hat,
beruht die Erhebung und Verwaltung der Zölle, sowie der indirekten
Verbrauchssteuern, bis auf den heutigen Tag noch auf den Grund-
sätzen des Zollvereins, die grossentheils wörtlich in die Reichsver-
fassung aufgenommen sind. Freilich haben diese Bestimmungen im
deutschen Reiche eine ganz andere staatsrechtliche Bedeutung ge-
wonnen; denn im Zollverein herrschte das völkerrechtliche Vertrags-
princip, im deutschen Reiche das staatsrechliche Verfassungsprincip.
»Das gesammte Vertragsrecht des Zollvereins, soweit es bei Er-
lass der Verfassung gültig war und durch letztere nicht abgeändert
wurde, ist Reichsrecht geworden: (Delbrück Artikel 4u S. 4).
Während es im Zollverein nur Gesellschaftskosten der Reichsver-
fassung und Gesellschaftseinnahmen, nur eiu Gesellschaftsver-