7. Von der Verwaltung des Reiehes. 1497
mögen, aber keinen Zollvereinsfiekus gab, hat sich in der deutschen
Reichsverfassung auch das gesammte Finanzrecht des deutschen
Reiches auf staatsrechtlicher Grundlage aus- und umgestaltet.
$ 296.
II. Allgemeine Grundsätze des heutigen Reichsfinanzrechtes !.
Auch das heutige deutsche Reich besitzt eine staatliche Finanz-
gewalt, welche für die Zwecke und Aufgaben des Reiches die nöthi-
gen materiellen Mittel herbeizuschaffen und zu verwalten hat. Der
Reichsgewalt sind sowohl die Einzelstaaten, wie die einzelnen Bür-
ger unmittelbar staatlich untergeordnet; darum übt sie über beide
auch auf dem Gebiete des Finanzwesens herrschaftliche Rechte aus,
sie ist befugt, diesen, wie jenen Steuern aufzuerlegen. Die Steuern
der Einzelstaaten sind die Matrikularbeiträge, die Steuern der Ein-
zelnen die Reichssteuern im engeren Sinne.
Das deutsche Reich, als Staat, ist nach allgemein anerkannten
Grundsätzen, wie nach ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmungen,
selbständige vermögensrechtliche Persönlichkeit, Fiskus?. Wenn
in den Gesetzen von einem Poust-, Militär-, Marinefiskus und der-
gleichen die Rede ist, so giebt es doch nur Einen einheitlichen
Reichsfiskus. Diese zu verschiedenen Zwecken bestimmten Ver-
mögenstheile erscheinen nicht als selbständige Vermögenssubjekte,
sondern nur als sug. stationes fisci. Dagegen ist, wie bereits oben
näher ausgeführt, das Nebeneinanderstehen eines Reichs- und
eines Landesfiskus im Wesen des Bundesstaates begründet ($ 204
B. IS. 577). Beide sind privatrechtlich zwei verschiedene Rechts-
subjekte, die miteinander paktiren, aber auch processiren können.
Ebenso gehören diejenigen Reichsanstalten, welche ausdrücklich
mit einer besonderen Vermögensfähigkeit ausgestattet worden sind,
% Laband, Staater. B. IIL 65 10”—126. Derselbe, Das Finanzrecht des
deutschen Reiches, in Hirth’s Annalen 1873 8. 405—506. G. Meyer, Lehrb.
88 201— 211. v. Rönne, B. U. 1. 8.65—143. Zorn, Staatser. B. 11.831 ff. Der-
selbe, Artikel »Reichsfinanzwesen« in v. Holtzendorff’s Rechtslex. Bd. III.
8.375 #. Wesentlich vom volkswirthschaftliehen Gesiehtspunkt betrachtet das
Reiehsfinanzwesen A. Wagner, in von Holtzendorff’s Jahrb. für Gesetz-
gebung B. I. S. 581 £. B. III. S. 60. Die neueste eingehende Darstellung giebt
G. Meyer in seinem Lehrb. des deutschen Verwaltungsreehtes. Th. II (1885)
& 267 . »Die Finanzverwaltung des deutschen Reichen.
2 Ucber den Reiehsfiskus vgl. M. Seydel, Das deutsche Reieh als Privat-
reehtssubjekt, inBehrend und Dahn’s Zeitschr. für die deutsehe Gesetzgebung
B. VII. S.226 f., besonders aueh Böhlau, Mecklenburgisehes Landreeht, B. III.
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