Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

Dar Reichaataatarecht, 
Vielfach ist die Anknüpfung an die Institutionen des deutschen 
Bundes nicht zu verkennen. So manche Reminiscenzen des öffent- 
lichen Rechts des deutschen Bundes wirken unverkennbar im heu- 
tigen Reichsrecht fort. Nur muss stets beachtet werden, dass der 
deutsche Bund ein völkerrechtlicher Verein war, während das 
deutsche Reich ein Bundesstaat mit allen Konsequenzen eines wah- 
ren Staatswesens ist. Ebenso lebt der Zollverein in verschiedenen 
Institutionen des deutschen Reiches fort. Einzelne Artikel der 
Reichsverfassung sind zum Theil wörtlich der preussischen Verfas- 
sung entnommen und finden in dieser ein wichtiges Auslegungs- 
mittel. Am stärksten tritt aber Jie Analogie des heuti- 
gen deutschen Reiches mit dem älteren deutschen 
Reiche hervor!, welches demselben in seiner staatsrechtlichen 
Struktur als Staatenstaat viel näher stand, als der deutsche Bund. 
Wenn auch jede unmittelbare staatliche Kontinuität zwischen dem 
Reiche der Gegenwart und dem im Jahre 1806 aufgelösten Reiche 
in Abrede gestellt werden muss, so hat der in der Nation fortlebende 
Gedanke an »Kaiser und Reich« unverkennbar auf die Gestal- 
tung unserer heutigen htlichen Zustä irkt, wieman 
selbst an höchster ‚Stelle mehrfach die »Wiederh erstellung« von 
Kaiser und Reich betont hat. Wir werden daher stets bemüht sein, 
die geschichtlichen Fäden des heutigen Reichsstaatsrechts mit den 
älteren Phasen des deutschen Staatensystems, sowohl des deutschen 
Bundes, als des deutschen Reiches, soweit solche nachweisbar sind, 
zu verknüpfen, ohne in unnützen Antiquitätenkram zu verfallen. 
DO. Des deutsche Reioh und die Einzelstasten ?. 
$ 246. 
l) Gegenwärtiger Stastonbestand des deutschen Reiches. 
Die deutschen Staaten der Gegenwart sind aus den Territorien 
des älteren deutschen Reiches hervorgegangen, welche trotz ihrer 
I Wenn wir diese augenfällige Uebereinstimmung der Institutionen des heu- 
tigen deutschen Reiches mit denen des älteren an geeigneter Stelle hervorheben, 
so verwahren wir uns zugleich dagegen, dass damit etwa eine Gleichstellung der 
JLebenskräfte gemeint sei, welche in den Einrichtungen von heute und denen von 
emals pulseircn. Während das Reich von heute in voller Jugendkraft strotzt, 
war das von chemals, besonders seit dem westfälischen Frieden, unrettbar dem 
marasınus senilis verfallen. Diese in den Zeit- und Jebensverhältnissen der 
Nation begründete Verschiedenheit der politischen Triebkräfte thut aber der 
Anslogie der staatsrechtlichen Institutionen keinen Eintrag. 
® Vor allem Laband, B.I $ 10. Die Unterordnung der Finzelstaaten unter
	        
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