Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

7. Von der Verwaltung des Reiches, 157 
tive zu einer Verbesserung der unheilvollen Zustände ging nicht 
vom Bunde, sondern von Preussen aus!. Auch hier waren nicht 
nur die einzelnen Provinzen durch künstliche Verkehrsschranken 
von einander geschieden, selbst die einzelnen Städte waren durch 
Oktroilinien und andere Verkehrsbeschränkungen von einander 
und dem umliegenden platten Lande getrennt. Auch Preussen 
hatte keine einheitliche Aussenzollgrenze. Erst das Gesetz vom 
26. Mai 1618 »über die Zölle und Verbrauchssteuern von auslän- 
dischen Waaren und über den Verkehr zwischen den Provinzen 
des Staates« schuf ein einheitliches Zoll- und Steuersystem. Ob- 
gleich zunächst allerdings nur für den preussischen Staat bestimmt 
und aus dessen Bedürfnissen hervorgewachsen, ist es doch als der 
eigentliche Ausgangspunkt des deutschen Zoll- und 
Handelsvereins zu betrachten. Es beseitigte alle Binnen- 
zölle innerhalb des preussischen Staates, verlegte die Zolllinie an 
die Landesgrenzen und machte Preussen zuerst zu einem einheit- 
lichen Wirthschaftegebiet. Dieses zunächst nur für Preussen be- 
rechnete Gesetz rief einen Schrei der Entrüstung von Seiten der 
Mittel- und Kleinstaaten hervor. Man sah in diesem berechtigten 
Vorgehen Preussens eine Vergewaltigung der von Preussen um- 
schlossenen fremden Staatsgebiete und Enklaven und sogar einen 
Bruch bundesmässiger Verpflichtungen. Aber Preussen liess sich 
dadurch nicht irre machen, sondern beharrte bei dem Gesetze vom 
26. Mai 1818 und dem dadurch inaugurirten System. Die preussi- 
sche Zollreform, obgleich zunächst für Preussen berechnet, war 
doch von Haus aus darauf angelegt, die deutschen Nachbarn nach 
und nach in den preussischen Zollverband hineinzuziehen. »Die 
Unmöglichkeit einer Vereinigung für den ganzen Bund erkennend, 
suchte Preussen durch Separatverträge sich seinem Ziele zu 
nähern.« Von den kleinsten, unscheinbarsten Anfängen ausgehend, 
hat Preussen doch das grosse nationale Ziel nie aus dem Auge ver- 
loren. Erst handelte es sich nur um den Anschluss von Enklaven, 
1) J. Falke, Die Geschichte des deutschen Zollwesens. Von seiner Entste- 
hung bis zum Abschlunse des deutschen Zollvereins. Leipzig 1569. (Umfasst auch 
die älteren Reichazeiten.) G. Fischer, Ueber das Wesen und die Bedingungen 
eines Zollvereins in Hildebrand’s Jahrb. der Nationalökonomie und Statistik 
B. 11. S. 317 £ 8.397 @, B. VI. 8.225 £ Aegidi, Aus der Vorzeit des Zollver- 
eina. Beitrag zur deutschen Geschichte. Hamburg 1865. A. Emminghaus in 
Bluntschli’s Staatsw, B.X1. Art. Zollverein S. 1050. v. Festenberg- 
Packisch, Geschichte des Zollvereins mit besonderer Berücksichtigung der 
staatlichen Entwickelung Deutschlands. Leipzig 1569. H. v. Treitschke, Die 
Anfänge des deutschen Zollvereins, Preuss. Jahrb. B. ÄXX, S. 397 ff. 479 ff.
	        
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