166 Il. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
Während nach den Grundsätzen des Völkerrechtes das Souve-
ränetätsgebiet des Reiches auch den Küstensaum des Meeres auf
Kanonenschussweite von den Küsten umfasst (»terrae dominium
definitur, ubi finitur armorum vis, was jetzt regelmässig auf drei
Seemeilen ausgedehnt wird‘, reicht das Zollgebiet nach Artikel 16
des Zollgesetzes vom I. Juli 1869 nicht soweit: »\Wo das Vereins-
gebiet durch das Meer begrenzt wird, bildet die jedesmalige den
Wasserspiegel begrenzende Linie die Zolllinie.«e Abgesehen von den
hier erörterten Ausnahmen, füllt überall die Zollgrenze des
Reiches mit seiner staatlichen Souveränetätsgrenze
zusammen.
Den wichtigsten Satz, welcher aus der Einheit des deutschen
Zoll- und Handelsgebietes folgt, spricht der Artikel 33 Absatz 2 der
Reichsverfassung folgendermaassen aus: »Alle Gegenstände, welche
im freien Verkehre eines Bundesstaates befindlich sind, können in
jeden anderen Bundesstaat eingeführt und dürfen in letzterem einer
Abgabe nur insoweit unterworfen werden, als daselbst gleich-
artige inländische Erzeugnisse einer Steuer unterliegen.« Der Ver-
kehr mit vereinsländischen sowie mit zollfreien oder verzollten
ausländischen Waaren innerhalb des Vereinsgebietes ist grundsätz-
lich frei. Den Vereinsstaaten ist zwar nicht unbedingt verboten, Ab-
gaben von Verbrauchsgegenständen zu erheben, aber sie sind darin
sehr beschränkt. Von allen ausländischen Erzeugnissen, welche bei
der Einfuhr mit mehr als 15 Silbergroschen Zoll für den Zentner
belegt sind, darf keine weitere Abgabe irgendwelcher Art, sei es für
Rechnung des Staates oder der Kommunen erhoben werden, jedoch
mit Vorbehalt derjenigen inneren Steuern, welche in einem Vereins-
staate auf die weitere Verarbeitung oder auf andere Bereitungen
aus solchen Erzeugnissen, ohne Unterschied des ausländischen, in-
ländischen oder vereinsländischen Ursprunges allgemein gelegt sind.
insichtlich der ausländischen Erzeugnisse, welche nicht mehr als
15 Silbergroschen an Zoll für den Zentner zu entrichten haben, und
hinsichtlich der inländischen Erzeugnisse, bleibt es den Einzelstaa-
Ber. S. 1269), Minister Hofmann in der Sitzung vom 10. Mai 1560 iSten. Ber.
S. 1294. Abgeordneter D. Marquardsen in der Sitzung vom 27. Mai 1551
(Stenogr. Bericht S. 1328 £.}, Laband, Stanter. a. a. O. 8. 262. Gegen dieselbe
die Abgeordneten Delbrück in der Sitzung vom $. Mai 1660 !Stenogr. Ber.
$. 1264 ff.., vom 10. Mai 1650 (Stenogr. Ber. $. 1312‘, Dr. Wolfsohn in der
Sitsung vom 8. Mai 1880 Stenogr. Ber. 1273 fl.‘, Dr. Lasker in der Sitzung
vom 10. Mai 1860 'Stenogr. Ber. S. 1307 ff...