Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

7. Von der Verwaltung des Reiches, 185 
Reichsverfassung: »Ueber die Verwendung aller Einnahmen des 
Reiches ist durch den Reichskanzler dem Bundesrathe und dem 
Reichstage zur Entlastung jährlich Rechnung zu legen.« Weitere 
Bestimmungen enthält die Reichsverfassung nicht. Dennoch ist es 
eine unzweifelhafte Thatsache, dass eine wirksame parlamentarische 
Kontrolle nur möglich ist, wenn eine Vorprüfung durch eine 
eigens dazu bestimmte Rechnungsbehörde vorausgegangen ist, wel- 
che die Volksvertretung durch ihre Vorarbeiten in Stand setzt, ihre 
verfassungsmässige Kontrolle des Staatshaushaltes auszuüben. Da es 
bei der Gründung des norddeutschen Bundes an einem derartigen 
Organ fehlte, so wurde zuerst durch das Gesetz vom 4. Juli 1668 
die Kontrolle des gesammten Bundeshaushaltes durch Prüfung und 
Feststellung der Rechnungen über Einnahme und Ausgabe von 
Bundesgeldern, über Zugang und Abgang von Bundeseigenthum 
und die Verwaltung der Bundesschulden für den Zeitraum von 
1867—1869 der in Preussen bestehenden Oberrechnungskammer 
gesetzlich übertragen unter der Benennung »Rechnungshofdes 
norddeutschen Bundes«, und zwar nach Maassgabe derjenigen Vor- 
schriften, welche damals für ihre Wirksamkeit als preussische Revi- 
sionsbehörde galten. Die preussische Oberrechnungskammer wurde 
für diesen Zweck durch eine Anzahl vom Bundesrathe gewählter, 
vom Bundespräsidium angestellter Mitglieder vermehrt. Die Gel- 
tung des Gesetzes vom 4. Juli 1868 wurde durch ein Gesetz vom 
10. Mai 1870 auf das Rechnungsjahr 1870 und durch Gesetz vom 
28. Oktober 1871 auf das Rechnungsjahr 1871 ausgedehnt. In der 
Session von 1874/75 und ebenso in der Session von 1575/76 sowie 
in der ersten Session von 1877 sind dann dem Reichstage Gesetzes- 
vorlagen gemacht, deren eine die Einrichtung und Befugnisse des 
Reichsrechnungshofes zu regeln bestimmt war, während die andere 
die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reiches, das 
materielle Finanzrecht, ordnen sollte. leide Gesetzentwürfe ge- 
langten aber nicht zur Annahme!. Das Gesetz vom 14. Februar 
1375 hat dann an Stelle der in $ 3 des Gesetzes vom 4. Juli aufge- 
führten Vorschriften die jetzt für die preussische Oberrechnungs- 
kammer geltenden Bestimmungen des Gesetzes vom 27. März 1872 
gesetzt. Die Gesetze vom 14. Februar 1876, vom 22. Mai 1677, vom 
1. Juli 1878 u. s. w. enthalten übereinstimmend folgende Fassung: 
1 Dieselben befinden sich mit Motiven in den Drucksachen des Reichstages 
von 1877. Nr. 15 und 16, Obgleich sie nicht zur Annahme gelangten, so enthalten 
sie doch im Wesentlichen das in der Praxis beobachtete Recht.
	        
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