190 II. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
Bekannt aus dem Alterthume sind die Einrichtungen der Perser
und der Römer. Aber auch die bekannten cursus publici der letz-
teren dienten grundsätzlich nur dem Verkehr der Kaiser mit den
Provinzialbehörden und sind mit der Völkerwanderung unterge-
gangen. Ganz im Gegensatz zum Alterthum kannte das Mittelalter
nur Privatverkehrsanstalten. Was der völlig unentwickelte
Staat des Mittelalters nicht zu leisten vermochte, musste auch hier
die Genossenschaft ersetzen. So entwickelte sch mit dem Auf-
blühen der Städte für das kaufmännische Geschäft ein städtisches
Botenwesen, welches, unter Botenmeister gestellt, einer gewissen
Kontrolle der städtischen Obrigkeit unterlag. Berühmt wurden be-
sonders die otenzüge der Hansa mit verhältnissmässig regelmässi-
ger Beförderung. Für den kaufmännischen Verkehr auf den Seiten-
routen wurden die sogenannten Metzgerposten wichtig, welche
nach und nach zu regelmässigen Verkehrsanstalten wurden, die auf
Uebereinkünften zwischen der Kaufmannschaft und der Metzger-
zunft, unter Vermittelung der städtischen Obrigkeit, beruhten; sie
haben bis ins XVII. Jahrhundert fortgedauert. Etwa zu gleicher Zeit
kamen dieUniversitätsposten auf. Am berühmtesten wurde die
der Universität Paris mit ihrem ausgedehnten Verkehr und weit-
gehenden Privilegien, welche ursprünglich zum Besten dieser Kör-
perschaft begründet, nach und nach dem Verkehr des Publikums
eröffnet, durch dessen Beiträge erhalten wurde. In Frankreich,
wo zuerst die Staatseinheit durch den monarchischen Absolutismus
begründet wurde, wurde auch durch Ludwig XI. die erste Staats-
post im modernen Europa ins Leben gerufen durch das »Edit pour
T'ötablissement des postcs en date & Luxie prös Douleusle 19 Juin
1464«, wodurch eine reitende Courierpost durch ganz Frankreich mit
untergelegten Pferden (spositis equis«, daher Post} errichtet wurde,
welche, anfangs nur als Instrument monarchischer Alleinherrschaft
begründet, nach und nach dem Privatverkehr nebenbei dienstbar
wurde. Aehnlich waren die landesherrlichen Botenanstal-
ten, welche in Deutschland seit dem XV. Jahrhundert in den
grösseren Territorien eingerichtet wurden, so 1456 schon von Al-
brecht Achilles zur Verbindung seiner brandenburgischen und frän-
kischen Lande. Es ist daher unzutreffend, den Francisco de Tassis,
welcher 1516 eine reitende Botenpost zwischen Wien und Brüssel
errichtete, deshalb als Erfinder des Postwesens zu bezeichnen; doch
ist dieses Ereigniss insofern bedeutsam, als durch dasselbe die ur-
sprünglich italienische Familie de la Torre und Tassis für Jahr-.