204 Il. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahnen
durchschneiden, für Rechnung des Reiches angelegt oder an Privat-
unternehmer zur Ausführung koncessionirt und mit dem Expropria-
tionsrechte ausgestattet werdens (Artikel 41 Absatz I). Die regel-
mässige Koncessionirung neuer Eisenbahnen durch die Einzelstaaten
wird durch eine subsidiäre Koncessionsbefugniss der Reichsgewalt
ergänzt, doch darf diese nicht durch die Exekutive, sondern nur
durch die Organe der Gesetzgebung erfolgen. Die Beschränkung
dieser Befugnies auf solche Bahnen, »welche im Interesse der Ver-
theidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehres für noth-
wendig erachtet werden«, ist bei der Unbestimmtheit des Ausdruckes
ziemlich bedeutungslos, besonders da der Reichsgewalt selbst die
Entscheidung zusteht, ob diese Voraussetzungen vorhanden sind.
Der Zusatz »unbeschadet der Rechte der Landeshoheit« ist über-
flüssig, weil selbstverständlich. Soweit das Reichagesetz die Hoheits-
rechte des Einzelstaates, gegen dessen Widerspruch die Eisenbahn
angelegt wird, nicht ausdrücklich beschränkt, bleiben dieselben
nach allgemeinen Grundsätzen fortbestehen.
2) nJede bestehende Eisenbahnverwaltung ist verpflichtet, sich
den Anschluss neu angelegter Eisenbahnen auf Kosten der letzteren
gefallen zu lassen« (Artikel 41 Absatz 2).
3) »Die gesetzlichen Bestimmungen, welche bestehenden Eisen-
bahnunternehmungen ein Widerspruchsrecht gegen die Anlegung
von Parallei- oder Konkurrenzbahnen einräumen, werden unbe-
schadet bereits erworbener Rechte für das ganze Reich hierdurch
aufgehoben. Ein solches Widerspruchsrecht kann auch in den
künftig zu ertheilenden Koncessionen nicht weiter verliehen wer-
den«. (Artikel 41 Absatz 3.) Die »bestehenden Eisenbahnunter-
nehmungent sind diejenigen, welche zur Zeit des Erlasses der Ver-
fassung bereits vorhanden waren, im Gegensatz zu den neu zu
koncessionirenden. Die Klausel sunbeschadet bereits erwor-
bener Rechte« bezieht sich, wie Laband II S. 362 richtig aus-
führt, nur auf solche Rechte, welche auf einem speciellen
Rechtstitel beruhen, nicht auf solche, welche die Eisenbahnen
auf Grund eines allgemeinen Rechtssatzes erworben haben (so
Löninga.a.O. S.621.) Durch eine so weitgehende Auslegung
würde die Verfassungsbestimmung Artikel 41? sonst jeden Werth,
den schon bestehenden Eisenbahnen gegenüber, verlieren.
4) »Dem Reiche steht auch Bayern gegenüber das Recht zu, im
Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion