6. Innere Verwaltung im engeren Sinne. 209
Hülsenfrüchten und Kartoffeln, zeitweise einen dem Bedürfniss ent-
sprechenden, vom Kaiser auf Vorschlag des betreffenden Bundes-
rathsausschusses festzustellenden, niedrigen Specialtarif einzufüh-
ren, welcher jedoch nicht unter den niedrigsten auf der betreffenden
Bahn für Rohprodukte geltenden Satz herabgehen darf«.
8314.
II. Maass und Gewicht !.
Für den gesammten Verkehr von grösster Wichtigkeit ist ein
wohlgeordnetes, einheitliches Maass- und Gewichtssystem,, welches
durch blosse Privatübereinkünfte nur ungenügend hergestellt wer-
den kann. Daher hat die Obrigkeit überall, und auch in Deutsch-
land, schon früh diese Aufgabe in die Hand genommen. Schon
in der karolingischen Zeit machte die königliche Gewalt das
Maass- und Gewichtssystem zum Gegenstand ihrer Fürsorge. In
den königlichen Pfalzen sollten Normalgewichte vorhanden sein,
von denen Kopien an die Sendboten, Grafen und Vorsteher der
Märkte abgegeben werden sollten. Mit dem Verfall der königlichen
Gewalt ging diese Sorge auf die Territorialherrschaften über. In
den Stadtrechten begegnen wir schon seit dem XII. Jahrhundert
eingehenden Vorschriften über Maass und Gewicht. Die in der
Reichspolizeiordnung von 1530 ausgesprochene Absicht, für ganz
Deutschland ein einheitliches Maass und Gewicht einzuführen,
wurde bald wieder aufgegeben. Es blieb von nun an den einzelnen
Reichsständen überlassen, das Maass- und Gewichtswesen innerhalb
ihrer Gebiete zu ordnen. Bei der unglaublichen Zersplitterung
Deutschlands entstand daher auch hier ein wirrer Partikularismus,
welcher dem Volkswohlstand tiefe Wunden schlug. Selbst inner-
halb der einzelnen Territorien konnte die Verschiedenheit nicht
beseitigt werden. Erst in diesem Jahrhundert wurde für einzelne
Staaten die Einheit hergestellt, so vor allem für Preussen durch die
Maass- und Gewichtsordnung vom 16. Mai 1816. Auch wurde unter
den Staaten des Zollvereins ein gleichartiges Zollgewicht vertrags-
müssig festgestellt. Aber auch hier verdankt Deutschland seine
Einheit der norddeutschen Bundesverfassung, welche in Artikel 4°
ı H. Schulze, Preuss. Stastsr. B. IL 5 234. S.613 ff. v. Rönne, Staatar.
des deutschen Reiches II. 8.241 & Laband, IL 8.439 £, Zorn, Il. 8.58 ff,
G.Meyer, Verwaltungsrecht B.1. 8. 430. E. Loening, Verwaltungsrecht $ 167.
S. 652. E. Meyer, »Maass- und Gewichtsordnung« im Rechtslex. B. IL 8. 730 fi.
Jolly, »Maass und Gewicht“ in Bluntschli’s Stastew. VI. 8, 554—560,
H.Schulze, Deutsches Staatsrecht. LI. 14