12 Das Reichsstastarechıt.
waultung, sondern die Selbstgegesetzgebung. Diese Befugnisse
sind nicht, wie Zorn behauptet, aus der Reichsgewalt abgeleitet,
sondern stehen den Einzelstaaten ursprünglich und aus eigenem
Rechte zu. Die Grenze dieser Kompetenzsphäre der Einzelstanten ist
entweder ausdrücklich durch die lleichsgesetzgebung gesteckt oder
stillschweigend durch den Satz gegeben, dass alles, was nicht aus-
drücklich zur Kompetenz des Reiches gezogen ist, den Einzelstaaten
verblieben ist. In dem Umstande, dass es noch zahlreiche und
wichtige Gebiete staatlicher Thätigkeit giebt, wo die Einzelstaaten
aus eigenem, nicht abgeleitetem Recht, nach selbstgegebenen Ge-
setzen, zu handeln berufen sind, ist es begründet, dass sie nicht bloss
als Körper der Selbstverwaltung, sondern als Staaten mit einer
relativen Unabhängigkeit zu betrachten sind. Gerade dadurch wird
dem deutschen Reiche der Charakter eines zusammengesetzten Staa-
tes aufgeprägt, welcher nicht bloss aus Provinzen oder Kommunal-
verbänden, sondern aus Staaten besteht.
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3) Gleichheit der Rechte und Pflichten der Einzeistasten.
Die Gliederstaaten des Reiches haben als solche gleiche Rechte
und Pflichten ; sie nehmen vor allem durch das Organ des Bundes-
rathes an der Willensbildung der Reichsgewalt theil. Durch diese
grundsätzliche Gleichberechtigung wird aber nicht ausgeschlossen,
dass dabei auch der Verschiedenheit der thatsächlichen Macht- und
Grüssenverhältnisse der Einzelstaaten Rechnung getragen wird. So
bei der Zumessung der Stimmberechtigung im Bundesrathe. Ia-
gegeu haben alle Einzelstaaten für sich und ihre Angehörigen in
gleicher Weise Anspruch auf Erfüllung derjenigen staatlichen
Funktionen, welche das Reich übernommen hat, so auf Vertretung
dem Auslande gegenüber, auf Rechtsschutz nach aussen und innen,
auf militärische Vertheidigung. Den gleichen Rechten stehen
grundsätzlich gleiche Pflichten gegenüber. Simmtliche Einzelstaa-
ten sind der Reichsgewalt gleichmüssig untergeordnet und derselben
zu verfassungsmässigem Gehorsam verpflichtet. Der Reichsgewalt
stehen zur Geltendmachung dieser Gehorsamspflichten gleichmässig
auch Zwaugsmittel zu Gebote. Nichterfüllung der Bundespflichten
kaun Bund beifüh falls alle anderweitigen Mah-
nungen zur Erfüllung dieser Päichten fruchtlos bleiben. Ebenso
findet in Betreff der militärischen und finanziellen Pflichten eine
gleiche Verpflichtung der Einzelstaaten statt, wobei die qualitativ