216 IL. Von den Funktionen der Reichsgewalt.
gesetzlich angeordneten und gestempelten Gelde erfüllt werden.
Der Gläubiger kann die Zahlung in diesem Gelde verlangen, muss
dieselbe aber auch in demselben annehmen, wenn er nicht in mora
accipiendi gerathen will. Da alle privatrechtlichen Verpflichtungen,
bei der Unmöglichkeit eine positive Leistung anderer Art zu er-
zwingen, in Geldschulden verwandelt werden, so kann schliesslich
jede privatrechtliche Obligation durch dieses gesetzliche Zahlungs-
mittel getilgt werden jea enim in obligatione consistere possunt,
quae pecunia lui praestarique possunt). Dasselbe gilt aber auch dem
Staate gegenüber bei öffentlichrechtlichen Verbindlichkeiten der
Bürger. Jede Steuer, jede Gebühr oder sonstige pekuniäre Leistung
an den Staat muss von dem Einzelnen in diesem Gelde bezahlt,
vom Staate aber auch in demselben angenommen werden. Dieser
juristische Begriff des Geldes ist daher lediglich positiven Rechts.
Jeder Staat kann nur für sein Herrschaftsgebiet erklären, was als
Geld in diesem Sinne betrachtet werden soll. Ausländisches Geld
ist daher nicht Geld im juristischen Sinne, wenn es nicht durch den
Staat ausdrücklich dafür erklärt ist. Seine blosse Zulassung oder
seine 'larifirung durch den Staat giebt ihm aber den Geldcharakter
noch nicht. Da durch die neueste Gesetzgebung die Ordnung des
Geld- und Münzwesens ganz auf das Reich übergegangen ist, so
gehört die Besprechung desselben jetzt lediglich in das Reichsstaats-
recht.
$ 316.
Geschichtliche Entwickelung des Münzwesens in
Deutschland!.
In den ältesten Zeiten hatte man in Deutschland keine eigenen
Münzen ; soweit man nicht blossen Tauschhandel betrieb, half man
sich mit römischen. Erst in der fränkischen Monarchie wurden ein-
heimische Münzen geprägt. Es wurde dabei die Konstantinische
Münzordnung zu Grunde gelegt. Die ausgeprägten Münzen
waren: der Goldsolidus, Goldschilling, der Triens oder Golddreier
und der Silberdenar). Bis auf Karl den Grossen war die Münzhoheit,
sowie das Recht Münzen zu prägen lediglich Sache der königlichen
I ßoetbeer, Forschungen zur deutschen Geschichte, VI. Weitz, Verfas-
sungsgesohichte B. V1II.8.319. ‚eh eberg, Ueber das ältere deutsche Münswesen
hafı 879 (Schmolle er, Staats
liche Forschungen I)v. Preun Gründliche Nachricht von dem Münswesen (III,
Aufl. 1789). Max Wirth, Das Geld, Geschichte der Umlaufemittel von der älte-
eten Zeit bis auf die Gegenwart, 1934.