Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

228 IL Von den Funktionen der Reichsgewalt. 
welche, zusammen mit den Kassenscheinen der kleinsten Staaten, 
für den täglichen Geschäftsverkehr die grösste Belästigung bilde- 
ten. Der Notenumlauf im allgemeinen und damit zugleich die 
Masse der ungedeckten Noten wuchs von Jahr zu Jahr!. Es war 
daher dringend geboten, dass die Reichsgesetzgebung endlich von 
ihrer Befugniss Gebrauch machte, welche ihr durch Artikel 4 Zif- 
fer 4 der Verfassung gegeben war, wodurch der Gesetzgebung des 
Reiches »die allgemeinen Bestimmungen über das Bank- 
wesen« überwiesen werden. Man war aber der Ansicht, dass das 
Banknotenwesen nicht eher geregelt werden könne, bis die Reform 
des Münzwesens durchgeführt se. Man half sich daher zunächst 
mit einigen provisorischen Gesetzen. So bestimmte das später auf 
das ganze Reich ausgedehnte Bundesgesetz über die Ausgabe von 
Banknoten vom 27. März 1870: »Die Befugniss zur Ausgabe von 
Banknoten kann nur durch ein auf Antrag der betheiligten Bundes- 
regierung erlassenes Bundesgesetz erworben werden« Einen weite- 
ren Schritt that das Reichsmünzgesetz vom 9. Juli 1873, welches im 
$ 18 anordnet: »Bis zum 1. Januar 1876 sind sämmtliche nicht auf 
Reichswährung lautenden Noten der Banken einzuziehen. Von 
diesem Termine an dürfen nur solche Banknoten, welche auf 
Reichswährung auf nicht weniger als 100 Mark lauten, in Umlauf 
bleiben oder ausgegeben werdens. Nachdem durch das Reichsmünz- 
gesetz vom 9. Juli 1873 die Reform des Geldwesens durchgeführt 
worden war, konnte dus Bankgesetz vom 14. März 1875 er- 
lassen werden, welches bis auf den heutigen Tag die gesetzliche 
Grundlage des Rechtes der Notenbanken für ganz Deutschland 
bildet. Dasselbe überträgt, wie auf vielen anderen Gebieten, das 
in Preussen bestehende Recht auf das übrige Deutschland. Die bis 
dahin bestehende preussische Bank wird, durch einen mit dem 
preussischen Staat abzuschliessenden Vertrag, in eine deutsche 
Reichsbank verwandelt. Man will aber keineswegs das gesammte 
Banknotenwesen in dıeser Bank centralisiren, man will vielmehr 
die wohlerworbenen Rechte der bestehenden Banken achten, die- 
selben aber auch nicht über ihre Grenzen erweitern. 
Das Bankgesetz zerfällt demnach 1) in die allgemeinen Rechts- 
vorschriften über Ausgabe und Verkehr mit Banknoten überhaupt, 
1 Eine klare Darstellung des vor dem Reichsbankgesets in Deutschland be- 
stehenden Rechtes der Zettelbanken und Banknoten giebt die Denkschrift des 
Reichskanzlers vom 31. Dec. 1873 an den Bundcsrath. Stenogr. Ber. des RT. 
1874—75. II. 659, auch abgedruckt in Hirth’s Annalen 1874. S. 633 ff.
	        
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