Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

9. Das Kriegswesen des Reiches. 2417 
$ 328. 
$) Die preussische Armee als Krystallisstionskern der deutschen Beeresver. 
ung. 
Während die Kriegsverfassung des deutschen Reiches die kläg- 
lichste von der Welt war, machte der junge aufstrebende Staat 
Brandenburg-Preussen die Pflege des Heerwesens zu seiner ober- 
sten Lebensaufgabe. Auf keinem Gebiete des Staatslebens ist die 
deutsche Entwickelung so durch die preussische bestimmt worden, 
wie auf diesem. Preussen hat hier Deutschland zwei Jahrhunderte 
vorgearbeitet, bie die deutsche Wehrkraft mit der preussischen zu 
einer einheitlichen verschmolzen werden konnte. 
Der grosse Kurfürst, der Schöpfer des preussischen Staates, ist 
auch der Schöpfer der preussischen Armee gewesen. Bis auf ihn 
unterscheidet sich das brandenburgische Heerwesen in nichts von 
dem anderer Territorien. Neben den bisweilen noch aufgebotenen 
unbrauchbaren Lehensmilisen bestand die Wehrkraft der Kurfür- 
sten von Brandenburg lediglich aus, für den einzelnen Feldzug ge- 
worbenen Truppen. »Die Obersten der Regimenter waren Privat- 
unternehmer, welche das Geld zur Werbung vorschossen, häufig 
auch zum Sold der Truppen, sie ernannten die subalternen Offiziere, 
die, wie die gesammte Mannschaft, nur ihnen gehorchten. Nur 
äusserst lose waren die Regimenter durch die Kapitulation ihrer 
Obersten mit dem Landesherrn verbunden«. Der grosse Kurfürst 
konnte diese Zustände nicht sogleich beseitigen. Als ihm aber gelun- 
gen war, nach schwierigen und langwierigen Verhandlungen mit den 
Landständen bleibende ökonomische Grundlagen zu erlangen, ging 
er daran, ein stehendes Heer zu schaffen. Freilich bestand Jdas- 
selbe noch aus geworbenen Truppen, aber die Werbung, früher ein 
Privatunternehmen spekulativer Obersten, wurde jetzt staatliche 
Angelegenheit. Was bisher planlos gewesen war, wurde einer festen 
Regel unterworfen. »Der Name des Landsknechtes verschwindet, 
wie die letzten Reste der demokratischen, längst freilich entarteten 
Soldatenrepublik. Sicher und fest erhebt sich auf dem Boden des 
I A.v.Crousas, Die Organisation des brandenburgischen und preussischen 
Heeres seit 1640. II. Aufl. I. u. H. Theil. Berlin 1873, Schmoller, Die Ent 
stehung des preussischen Heeres von 1610-1740 in der deutschen Rundschau 
B.XD.8.245#. Isaacsohn, Geschichte des preussischen Beamtenthums. B.III. 
Eingehend berücksichtigt wird die Geschichte der Heeresverfassung in ihren ver- 
schiedenen Entwickelungsphasen in Droysens Geschichte der preussischen Po- 
kitik.
	        
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