Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

252 IL Von den Funktionen der Reichsgewsalt. 
den Fällen die kriegsbereite Aufstellung jedes Theiles der von ihm 
befehligten Bundesarmee innerhalb des Gebietes der letzteren, vor- 
behaltlich späterer Genehmigung durch Bundesbeschluss, anzu- 
ordnen. Die Kontingente aller Bundesstaaten sollten durch Bundes- 
beschluss bestimmt, dagegen die Organisation und Formation, die 
Vorschriften über Ausbildung der Mannschaften, die Qualifikation 
der Offiziere sollte von jedem der beiden Oberfeldherren festgestellt 
werden. Bei allen Vorzügen, die sonst diesen Grundzügen zukom- 
men, war der aus Opportunitätsgründen vorgeschlagene Dualismus 
im Oberbefehl das gefährlichste Auskunftsmittel; Bayern war da- 
durch eine Stellung eingeräumt, die weder seinen Machtverhält- 
nissen, noch seinen militärischen Leistungen entsprach. Glück- 
licher Weise blieb auch dieses Projekt ein todtgeborenes Kind und 
die norddeutsche l3undesverfessung vom 16. Aprıl 1867 fasste die 
gesammte Kriegsmacht unter einem Oberbefehle zu einem einheit- 
lichen Heere zusammen. Derselbe stand dem König von Preussen 
unter dem bescheidenen Namen des Bundesfeldherrn zu, bedeutete 
aber in der That die volle Kriegsherrlichkeit. Die oben geschilderte 
Organisation der preussischen Armee mit der ganzen preussischen 
Militärgesetzgebung wurde einfach auf den norddeutschen Bund 
übertragen. Es wurde nicht nur die allgemeine Wehrpflicht in ganz 
Norddeutschland eingeführt; auch die Formation, Bekleidung und 
Ausrüstung richtete sich ganz nach preussischem Muster. 
Die süddeutschen Staaten nahmen bald nach Gründung des 
norddeutschen Bundes ebenfalls die allgemeine Wehrpflicht an und 
reorganisirten ihre Armeen wesentlich nach preussischern Muster; 
auch stellten sie dieselben für den Kriegsfall unter preussischen 
Oberbefehl. Durch Vereinbarung der süddeutschen Staaten unter- 
einander und einen Vertrag derselben mit dem norddeutschen Bunde 
wurde bestimmt, dass das Material der früheren Bundesfestungen 
Meinz, Landau, Ulm und Rastatt ungetheilt gelassen und im In- 
teresse der gemeinsamen deutschen Vertheidigung verwaltet werden 
sollte (Vertrag zwischen Bayern, Württemberg und Baden, die Er- 
richtung einer Festungskommission betrefiend vom 10. Oktober 
1866. Vertrag zwischen dem norddeutschen Bunde, Bayern, Würt- 
temberg, Baden und Ilessen, die zukünftige Behandlung des ge- 
meinschaftlichen beweglichen Eigenthums in den vormaligen Bun- 
desfestungen betr. vom 9. Juli 1669. Staatsarchiv B. XVII. Nr.3917). 
Kurz, auf vertragsmässeigem Wege war die Einheit des deutschen 
Heerwesens unter preussischerm Oberbefehl so vorbereitet, dass bei
	        
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