9. Das Kriegswesen des Reiches. 373
Revers ausstellen, durch welchen sie sich verpflichten, das Wohl
des betreffenden Landesherrn zu fördern, Schaden von ihm abzu-
wenden u. s.w. Das Kontingent soll soweit als möglich ständige
Garnisonen in dem betreffenden Staate erhalten. Der Kaiser
bez. der Bundesfeldherr wird daher nur vorübergehend von dem
ihm verfassungsmässig zustehenden Dislokationsrechte Gebrauch
machen und zwar nur in ausserordentlichen, durch politische und
militärische Interessen gebotenen Fällen. Ebenso sollen nur aus
gleichen Gründen Ortschaften des betreffenden Staates anderen
Truppentheilen als Garnisonen angewiesen werden. Während diese
Bestimmungen fast in allen Militärkonventionen wiederkehren,
unterscheiden sie sich darin, dass die mit den grösseren Staaten
geschlossenen Konventionen den betreffenden Kontingenten eine
mehr selbständige Formation zugestehen ‘Hessen bildet eine Divi-
sion, Baden ein Armeekorps) und den Landesherrn noch weiter
gehende Ehrenrechte einräumen. Am günstigsten ist das König-
reich Sachsen gestellt, indem die süchsische Militärkonvention dem
Könige von Sachsen alle von der Verfassung eingeräumten kon-
tingentsherrlichen und landesherrlichen Rechte ohne Ausnahme
belässt, während der König von Preussen, als Bundesfeldherr, nichts
zusagt, was er nicht innerhalb seiner bundesherrlichen Befugnisse
versprechen dürfte. In der sächsischen Konvention stellt sich die
innerhalb des Rahmens der Verfassung am weitesten gehende Selb-
ständigkeit des Kontingentsherrn dar. Den Gegensatz hierzu bilden
die Konventionen der kleinsten Staaten, Schwarzburg-Sondershau-
sen, Waldeck, Lippe, Schaumburg-Lippe, Lübeck, Bremen und
Hamburg, deren Kontingente im Jahre 1867 ganz aufgelöst und in
der preussischen Armee aufgegangen sind; sie haben gar keine kon-
tingentsherrliche, wohl aber noch gewisse landesherrliche Befug-
nisse. Um den Wehrpflichtigen dieser Staaten die Ableistung ihrer
Dienstpflicht zu erleichtern, haben diese Staaten preussische Infan-
teriegarnisonen erhalten mit der Zusage, dass dieselben ihnen dau-
ernd belassen werden sollen, soweit nicht militärische und politische
Interessen entgegenstehen.
So zeigt unser Militärrecht auch in der Gegenwart noch eine
bunte Mannigfaltigkeit verschiedener Berechtigungen der Einzel-
staaten der Reichsgewalt gegenüber. Am weitesten geht die Son-
derstelluug Bayerns. »Das bayerische Heer bildet einen in sich
geschlossenen Bestandtheil des deutschen Bundesheeres mit selb-
ständiger Verwaltung, unter der Militärhoheit des Königs, im Kriege,
!1.Schualze, Deutsches Stasterecht. N, 18