9. Das Kriegswesen des Reichen, 295
gewesen, Jdass der Befehl des Vorgesetzten ein bürgerliches oder mi-
litärisches Verbrechen oder Vergehen bezweckte (Militärstrafgesetz-
buch $ 47). Der Gehorsam kann von dem militärischen Vorgesetz-
ten selbst erzwungen werden, von Offizieren im äussersten Nothfalle
sogar durch Anwendung von Waffengewalt /$ 124). Wegen Miss-
brauchs der Dienstgewalt kann gegen den Vorgesetzten Beschwerde
erhoben werden, doch ist für die Erhebung derselben ein besonderes
Verfahren vorgeschrieben. Ausser der Gehorsamspflicht nimmt die
Treupflicht beim Soldaten noch einen bestimmten positiven
Charakter an. Er hat das Wohl seines Kriegsherrn, sowie seines
Kontingents- und Landesherrn, selbst unter Aufopferung seiner
eigenen persönlichen Interessen, unter Umständen selbst der Ge-
sundheit und des Lebens, nach Kräften zu fördern. Darauf ist sein
Fahneneid gerichtet. Als Verletzung der Treupflicht erscheinen
insbesondere die Feigheit, die Fahnenflucht, die Gefährdung der
Kriegsmacht im Felde durch Verletzung der Dienstpflicht. Auf
eine Person des Soldatenstandes, welche sich des Hochverrathes
oder Landesverrathes schuldig macht, finden die Vorschriften des
deutschen Strafgesetzbuches Anwendung. Nur sind höhere Strafen
für einen im Felde begangenen Landesverrath festgesetzt, welcher
als Kriegsverrath bezeichnet wird.
Dem Soldaten ist in der Regel jede Möglichkeit abgeschnitten,
durch Privaterwerb sich seinen Unterhalt zu beschaffen. Daraus
entsteht für den Staat die Verpflichtung, für den Unterhalt des Sol-
daten während seiner Dienstzeit zu sorgen. Die Verpflegung der
Soldaten durch den Staat ist ein Korrelat ihrer gesetzlichen Dienst-
pflicht. Trotz des Namens »I,öhnung:, welcher noch aus dem alten
Werbesystem herrührt, kann von einem Lohne, wie bei der Dienst-
miethe, nicht die Rede sein. Der Soldat hat auf die sogenannte
Löhnung keinen civilrechtlichen klagbaren Anspruch, sondern der
Staat erfüllt mit der Gewährung derselben eine öffentlich rechtliche
Pflicht. (So besonders LabandB.IIIS. 172.) Die Fürsorge für den
Lebensunterhalt des Soldaten erfolgt theils durch Gewährung von
Naturalien, theils durch Zahlung von baarem Gelde.
Die aktive Dienstpflicht dauert drei Jahre und zwar nach der
Verfassung in der Regel vom vollendeten 20. Jahre ab. Diese
Verfassungsbestimmung ist durch das Kriegsdienstgesetz dahin
näher bestimmt, dass die Dienstpflicht mit dem 1. Januar desjenigen
Jahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Jahr zurücklegt, be-
ginnt. Die dreijährige Dienstpflicht wird nach dem wirklichen