Full text: Lehrbuch des Deutschen Staatsrechtes Erstes Buch Das Deutsche Reichsstaatsrecht (2)

308 IL, Von den Funktionen der Reichegewalt. 
V. Bachliche Leistungen für das Kriegswesen des Reiches 1. 
8 359. 
Im Allgemeinen. 
Die unter IV besprochene Wehrpflicht trifft jeden männlichen 
Reichsangehörigen, welcher zu deren Ableistung befähigt ist; sie ist 
eine persönliche, welche auf dem Unterthanenverhältnisse zum 
Reiche beruht. Der Ausländer ist davon befreit, weil er in keinem 
Unterthanenverhältnisse zum Reiche steht. Aber das Heerwesen 
bedarf nicht nur persönlicher Dienste, sondern auch sachlicher Lei- 
stungen. In der Regel verschafft sich die Heeresverwaltung diesel- 
ben auf privatrechtlichem Wege durch Kauf-, Lieferungs- und 
Miethverträge mit Privaten, besonders den Armeelieferanten. Aber 
es kommen Fälle vor, wo eine solche Beschaffung auf dem \WVege 
des Privatgeschäftes unmöglich, wenigstens sehr erschwert ist. Hier 
muss sich die Heeresverwaltung diese sachlichen Bedürfnisse auf 
anderem Wege verschaffen können, d. h. sie muss die Unterthanen 
mit Zwang zu deren Beschaffung anhalten dürfen. Die Wehrpflicht 
trifft die Person, die Militürlasten treffen das Vermögen, und zwar 
alles im Lande befindliche Vermögen. Während der Ausländer 
von der persönlichen Dienstpflicht frei ist, wird sein im Inland vor- 
handenes Vermögen zu den sachlichen Militärlasten herbeigezogen, 
also auch die Häuser und Güter der sogenannten Forensen. Da- 
gegen wird das im Ausland belegene Vermögen der Inländer nicht 
davon getroffen. Die persönliche Wehrpflicht ist nach unseren staats- 
rechtlichen Anschauungen unentbehrlich und kann auf keine andere 
Weise ersetzt werden; die sachlichen Militärlasten haben dagegen 
einen subsidiären Charakter, sie werden nur gefordert, wenn der 
Staat diese Militärbedürfnisse nicht auf anderem Wege befriedigen 
kann. Ihrem Inhalte nach haben diese Lasten einen scheinbar privat- 
rechtlichen Charakter; die Quartierleistunggleichteiner Reallast, die 
Eigenthumsbeschränkungen Servituten, ihrem Wesen nach sind sie 
dagegen rein öffentlichrechtlicher Natur, sie werden nicht 
gefordert kraft eines speciellen Rechtstitels, sondern lediglich weil 
alles im Gebiet des Reiches liegende Vermögen der Gebietshoheit 
des Staates unterworfen ist. In dieser Beziehung gleichen sie den 
  
1 Seydel, Annalen 1674. S. 1037—1086. 1875. 8. 1081 ff. Laband, B. II. 
66 92—95. Zorn, B. I. S. 400 ff. $ 21. Das ganze gesetzliche Material ist zusam- 
mengestellt in den Militärgesetzen des deutschen Reiches.
	        
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